Rechtsschutz gegen Beleidigungen durch das Strafrecht

Reputations-Management im Internet  – von Ralf Hornemann und Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwälte in Berlin

Im Rahmen einer Seminar-Reihe diskutierten in den Räumen der Rechtsanwälte Dr. Schulte und Partner interessierte Unternehmer und Verbraucher die Fragen rund um das Internetrecht und der Online-Reputation. Teilnehmer waren neben Gastgeber Rechtsanwalt Dr. Thomas Schulte und Rechtsanwalt Ralf Hornemann unter anderem Gewerbetreibende, Unternehmer aus dem Mittelstand und  private Betroffene.

I like it / you like it / we like it? – likes or no likes? Ist das hier die Frage? – Doch so einfach ist das nicht, denn das Internet ist kein Spielplatz ohne Haftung, auch hier gelten Regeln die zum guten Ton gehören, Moral und Ethik haben auch im Internet ihre Berechtigung.  In wieweit werden Beleidigungen, Verleumdungen und Verletzungen im Internet rechtlich verfolgt? 

Dr. Thomas Schulte, Rechtsanwalt und Gründungspartner, stellt die Frage in den Raum: „Wie Wirkungsvoll hilft das Strafrecht in Deutschland den Opfern von Reputationsschädigungen, bestehen wirkliche Chancen? Muss rechtlich gesehen die  Beleidigung oder die Verleumdung als Voraussetzung gegeben sein?

Beleidigung oder Verleumdung gemäß §§ 185, 185 Strafgesetzbuch im Internet

Eine Beleidigung liegt vor, wenn der Geschädigte durch ihn schmähende Inhalte in seiner Ehre verletzt wird und er die Verbreitung deshalb nicht hinnehmen muss, Bundesgerichtshof, Urteil vom 27.03.2007, Aktenzeichen VI ZR 101/06.

Der grundgesetzliche Schutz von Meinungsäußerungen, wie er auch im Internet gilt, tritt nämlich regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrechtsschutz zurück, wenn sich die betreffenden Äußerungen als Schmähung darstellen, siehe nur: Bundesverfassungsgericht, NJW 1991,95.

Welche konkrete Auswirkung hat die Umsetzung des Gesetzes?

Hier liegen erste Urteile vor, bei denen deutsche Gerichte Täter verurteilt haben. Ein interessanter Fall wurde gerade in Duisburg entschieden:

Das Landgericht Duisburg hat geurteilt, dass ein Online-Redakteur in Beugehaft muss, weil er sich weigert, die Identität eines Internetnutzers preiszugeben, der auf einem Bewertungsportal diffamierende Äußerungen über eine Ärztin eingestellt hatte. Der Redakteur arbeitet für das Portal, auf dem die User Kliniken bewerten können.


Beugehaft für Zeugen von Straftaten
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Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen den unbekannten Internetnutzer wegen übler Nachrede. Er hatte auf dem Klinik-Bewertungsportal behauptet, die betroffene Ärztin hätte ein sexuelles Interesse an ihren Patienten. Um an den Namen des Nutzers zu kommen, soll der Redakteur jetzt für höchstens fünf Tage in Beugehaft. Wie das Gericht ausführt, könne der Mann sich nicht auf das Aussageverweigerungsrecht für Journalisten berufen. Der Beitrag in dem Internetportal könne nicht mit einem Leserbrief in einer Tageszeitung gleichgesetzt werden. Das gelte zumindest dann, wenn der Beitrag wie hier ungefiltert vom User selbst eingestellt werde. Ein Leserbrief unterliege demgegenüber einer redaktionellen Kontrolle.

Inwieweit darf der Onlineredakteur eines Bewertungsportals bei einem ehrverletzenden Kommentar seine Aussage verweigern? Muss er dem Gericht den jeweiligen Nutzer offenbaren oder darf er sich auf Zeugnisverweigerungsrecht als Presseorgan berufen?

Im Rahmen ihrer Ermittlungen nach einer Strafanzeige verlangte die Staatsanwaltschaft von einem Mitarbeiter des Portals, dass er nähere Angaben zum Urheber der Bewertung macht. Doch dieser weigerte sich. Er war der Ansicht, dass er sich auf ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO berufen könne. Dies begründet er unter anderem damit, dass es um redaktionell geschützte Inhalte gehe. Darüber hinaus sei den Nutzern zugesagt worden, dass ihre persönlichen Daten nicht weitergegeben würden.

Rechtsanwalt Ralf Hornemann zu den rechtlichen Hintergründen:

Wer hat ein Zeugnisverweigerungsrecht?

Hierzu kam das Gericht zunächst einmal auf die Frage zu sprechen, welcher Personenkreis sich überhaupt auf ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 53 Abs. 1 Nr. 5 StPO berufen kann. Geschützt werden insbesondere Personen, die berufsmäßig bei einem Informationsdienst mitwirken, welcher der Unterrichtung und Meinungsbildung dient. Hierzu gehört auch ein Bewertungsportal im Internet.

Was wird geschützt?

Darüber hinaus muss es allerdings um einen Beitrag zum redaktionellen Teil eines Informationsdienstes gehen. Hierunter fallen nach § 53 Abs 1 Satz 3 StPO nur Beiträge, die von der Redaktion aufgearbeitet oder zumindest vor Veröffentlichung etwa im Hinblick auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft werden- wie etwa Leserbriefe, interpretiert das Gericht. Demgegenüber reiche das bloße Einstellen eines fremden Textes wie der streitgegenständlichen Veröffentlichung einer Bewertung nicht aus, „entscheidend sei, dass eine Informationsverarbeitung durch den jeweiligen Pressedienst erfolgt„ , so das Landgericht.

Zusicherung von Vertraulichkeit unbeachtlich

Daran ändert nach Ansicht des Gerichts auch nichts, dass der Betreiber des Bewertungsportals den Nutzern Vertraulichkeit zugesichert hat. Denn der Betreiber eines Portals dürfe nicht darüber bestimmen, inwieweit hier ein Aussageverweigerungsrecht bestehe. Ebenso schütze die durch den Portalbetreiber erklärte Übernahme der Verantwortung auch für den Inhalt der Beiträge nicht, denn Äußerungsdelikte kann nur der begehen, „wer eine konkrete Vorstellung von der verbotenen Äußerung hat“, so das Landgericht. Wer aber nicht zur Kenntnis nehme und ungeprüft einstellen lasse, könne das gar nicht.

Da der Onlineredakteur weiterhin die Aussage verweigerte, ordnete das Amtsgericht Duisburg zwischenzeitlich 5 Tage Beugehaft an. Aufgrund einer eingelegten Beschwerde des Redakteurs befand schließlich das Landgericht Duisburg, dass die Beugehaft rechtmäßig sei. Diese muss nun angetreten werden, obwohl gegen diese Entscheidungen Verfassungsbeschwerde eingelegt wurde, diese ist derzeit beim Bundesverfassungsgericht unter dem Aktenzeichen (Az. 1 BvR 2709/12) anhängig.

Die lebhafte Diskussion folgte und Dr. Thomas Schulte schließ die Diskussion mit dem Gedanken: „Man darf gespannt sein, wie das Bundesverfassungsgericht in dieser Angelegenheit entscheiden wird. Klar ist, dass Internetnutzer in Foren für falsche Tatsachenbehauptungen oder Beleidigungen in Form der sogenannten Schmähkritik zivilrechtlich und strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Solche Äußerungen sind nicht von der Meinungsfreiheit gedeckt. Unter welchen Voraussetzungen die Betreiber von Bewertungsplattformen für ihre Nutzer haften, ist derzeit noch nicht geklärt.“

V.i.S.d.P.:

Ralf Hornemann

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