Einheitliche Gemeinsame Marktorganisation

Mehr Transparenz und Kohärenz

Unter deutscher EU-Präsidentschaft wurde mit der Verordnung über eine gemeinsame Organisation der Agrarmärkte nahezu das gesamte Bereich des Agrarmarktrechts in einer Verordnung zusammengefasst.

Die Schaffung der Einheitlichen GMO stellt eine deutliche Zäsur dar, nachdem bislang – beginnend mit der Einrichtung einzelner Marktorganisationen in den 60er-Jahren – stets der sektorspezifische Ansatz bei den einzelnen Marktregelungen im Vordergrund stand. Die Vereinfachung der Gemeinsamen Agrarpolitik war ein Schwerpunkt der deutschen Ratspräsidentschaft im ersten Halbjahr 2007. Mit der erfolgreichen Verabschiedung der Einheitlichen GMO ist es gelungen, einen deutlichen Fortschritt auf dem Weg zur Vereinfachung und Entbürokratisierung des EG-Agrarrechts zu erzielen. Inhaltliche Änderungen gegenüber den bislang geltenden sektorspezifischen Regelungen sind in der Einheitlichen GMO allerdings nicht enthalten. Die vorliegende Verordnung bietet aber eine gute Grundlage, beispielsweise im Rahmen des „Health Checks“, weitere, auch inhaltliche Vereinfachungen, des Agrarmarktrechts vorzunehmen.

Gemeinsam mit der Verordnung (EG) Nr. 1782/2003 über Direktzahlungen, der Verordnung (EG) Nr. 1290/2005 über die Finanzierung der Gemeinsamen Agrarpolitik und der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005 über die Entwicklung des ländlichen Raumes wird zukünftig der größte Teil der Gemeinsamen Agrarpolitik durch vier Verordnungen geregelt.

Vorteile der Einheitlichen GMO

Kennzeichen der EU-Agrarmärkte ist bislang, dass sie durch eine große Zahl von Verordnungen reguliert werden. Für die einzelnen Produktbereiche bestehen vielfach mehrere Rats- und Durchführungsverordnungen. Oft werden in den verschiedenen Marktbereichen gleiche Sachverhalte mit ganz unterschiedlichen Begriffen (zum Beispiel bei der Bezeichnung der staatlich festgelegten Preise) belegt, bestimmte Entscheidungen werden in einem Sektor von der Europäischen Kommission im Verwaltungsausschussverfahren getroffen, in einem anderen vom Rat selber. Dies hat dazu geführt, dass die Regelungszusammenhänge häufig nur noch den Experten klar sind, was die Transparenz deutlich verringert und Vereinfachungsprozesse erschwert.

Der Umgang mit den Regelungen des Agrarmarktrechts wird für die Betroffenen, gleich ob Unternehmen oder Verwaltung, als Folge der Schaffung der Einheitlichen GMO einfacher und transparenter. Dies betrifft vor allem diejenigen, die sich bislang schon mit mehr als einer Marktorganisation beschäftigen mussten. Zukünftig finden sich alle wichtigen Ratsbestimmungen zu den Agrarmärkten in einer einzigen Verordnung. Die teilweise unterschiedlichen Begriffe für gleiche Sachverhalte in den verschiedenen Marktorganisationen werden angeglichen, Instrumente und Maßnahmen vereinheitlicht und gestrafft. Die klare Struktur der Verordnung erleichtert zukünftig weitere Vereinfachungen, auch inhaltlicher Art.

Im Zuge der Schaffung der Einheitlichen GMO werden rund 50 Ratsverordnungen aufgehoben, die Zahl der relevanten Artikel von etwa 600 auf rund 200 reduziert.

Inhalt der Verordnung

Die Struktur der neuen Verordnung ähnelt der bisheriger Marktorganisationen. Die Verordnung ist in insgesamt sieben größere Teile gegliedert:

– Einleitende Bestimmungen (Anwendungsbereich, Begriffsbestimmungen, Wirtschaftsjahre),
– Binnenmarktregelungen (öffentliche und private Lagerhaltung, besondere Interventionsmaßnahmen, Quotenregelungen bei Milch und Zucker, Beihilferegelungen wie Verarbeitungsbeihilfen und Produktionserstattung, Vermarktungsnormen, Regelungen zu Erzeugerorganisationen und Branchenverbänden),
– Handel mit Drittländern (Einfuhren, Ausfuhren),
– Wettbewerbsvorschriften (Vorschriften für Unternehmen, staatliche Beihilfen),
– Sonderbestimmungen für einzelne Sektoren (zum Beispiel Absatzförderabgabe im Milchsektor, Maßnahmen bei Störungen der Binnen- oder Weltmarktpreise),
– Allgemeine Bestimmungen (Dringlichkeitsmaßnahmen, Informationsaustausch zwischen der Kommission und den Mitgliedstaaten, Kontrollen und Sanktionen),
– Schlussbestimmungen (Verwaltungsausschuss, aufzuhebende Verordnungen, Inkrafttreten).

Der umfangreiche Anhang besteht ebenfalls aus mehreren Teilen und umfasst unter anderem Tabellen, die den Anwendungsbereich der Verordnung festlegen, eine Liste der Begriffsbestimmungen, die Handelsklassenschemata für Schlachtkörper bei Rindern, Schweinen und Schafen, die Milch- und Zuckerquoten der Mitgliedstaaten sowie die Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch, Eier, Konsummilch und Streichfette. Eine ausführliche Entsprechungstabelle erleichtert es, Bestimmungen in den aufzuhebenden Verordnungen den Artikeln der Einheitlichen GMO zuzuordnen.

Schwerpunkte der Verhandlungen

Trotz grundsätzlich positiver Haltung zum Gesamtkonzept einer Einheitlichen GMO gab es im Rahmen der Beratungen zum Kommissionsvorschlag eine Fülle von Fragen, Anmerkungen und Problemen seitens der Mitgliedstaaten. Diese konzentrierten sich vor allem auf folgende Bereiche:

Einbeziehung von Wein sowie Obst und Gemüse in die Einheitliche GMO

Nachdem sich nahezu alle Mitgliedstaaten von Anfang an dafür ausgesprochen hatten, dass die Einheitliche GMO sämtliche Marktorganisationen und damit auch die für Obst und Gemüse sowie Wein umfassen sollte, ging es in den Verhandlungen vor allem um den Zeitpunkt und das Ausmaß der Einbeziehung dieser Sektoren. Beschlossen wurde schließlich, dass als zunächst einzige Bestimmung der Einheitlichen GMO die Regelungen zum einzigen Verwaltungsausschuss auch für die Sektoren Obst und Gemüse sowie Wein gelten sollen. Mit dem 1. Januar 2008 (Obst und Gemüse) und dem 1. August 2008 (Wein) werden die bisherigen sektorspezifischen Verwaltungsausschüsse abgeschafft. An ihre Stelle tritt der einzige Verwaltungsausschuss, der seine Tätigkeit ab dem 1. Januar 2008 aufnimmt (siehe unten). Mit Blick auf die parallel laufenden beziehungsweise noch bevorstehenden Verhandlungen zu den Reformen bei Obst und Gemüse sowie Wein wurde entschieden, weitere Regelungen dieser beiden Sektoren erst nach Abschluss der jeweiligen Reformen einzubeziehen. Im Lichte der dann beschlossenen Reformen ist festzulegen, welche weiteren Regelungen – insbesondere der Weinmarktorganisation – in die Einheitliche GMO übernommen werden sollen.

Kompetenzverlagerungen vom Rat auf die Kommission

Der ursprüngliche Vorschlag der Kommission sah vor, dass bei einer Vielzahl von Regelungen aus unterschiedlichen Gründen eine Verlagerung der Zuständigkeiten vom Rat auf die Kommission erfolgen sollte. Die Bundesregierung hat sich von Anfang an gegen die vorgeschlagenen Kompetenzverlagerungen in all den Fällen gewandt, in denen Fragen von erheblicher politischer Relevanz berührt waren. Dies betraf vor allem den Bereich der Binnenmarktregelungen. Es ist gelungen, zum Beispiel bei den Standardqualitäten für Interventionswaren, den Handelklassenschemata für Schlachtkörper oder den Vermarktungsnormen für Geflügelfleisch und Eier, entgegen den Vorstellungen der Kommission den Status Quo zu erhalten bzw. die wesentlichen Elemente der bisherigen Regelungen in die Einheitliche GMO zu überführen.

Dagegen bestand eine größere Aufgeschlossenheit gegenüber einer Kompetenzverlagerung in den Fällen, in denen eine schnelle und flexible Reaktion der Europäischen Union erforderlich ist. Dies betrifft vor allem Regelungen zum Handel mit Drittländern. So wurden die Kompetenzen der Kommission im Bereich der Lizenzpflicht bei Ein- und Ausfuhren, der vorübergehenden Aussetzung des aktiven oder passiven Veredelungsverkehrs oder bei der Ergreifung von Schutzmaßnahmen gegen Einfuhren erweitert.

Einziger Verwaltungsausschuss

Zukünftig tritt ein horizontaler Verwaltungsausschuss für die gemeinsame Organisation der Agrarmärkte an die Stelle der bisherigen sektoralen Verwaltungsausschüsse. Es entspricht der Logik des Gesamtansatzes der Schaffung einer Einheitlichen GMO, dass zukünftig auch nur noch ein einziger Verwaltungsausschuss für die Marktverwaltung zuständig ist. Damit erübrigt sich eine Behandlung horizontaler Themen in mehreren Ausschüssen und auch die Gefahr widersprüchlicher Diskussionsergebnisse wird vermeiden. Auch vor dem Hintergrund einer in den letzten Jahren spürbar zurückgegangenen Zahl von Verwaltungsausschusssitzungen, einer teilweise deutlich reduzierten Dauer einzelner Sitzungen und der durchaus positiven Erfahrungen mit dem horizontalen Verwaltungsausschuss für Direktzahlungen ist ein solches Vorgehen gerechtfertigt.

Ziel der Bundesregierung und anderer Mitgliedstaaten war es, sicherzustellen, dass auch in Zukunft die Behandlung fachspezifischer Themen und Probleme unter Hinzuziehung der jeweiligen Experten in ausreichend zur Verfügung stehender Zeit erfolgt. Durch die Einfügung eines speziellen Artikels zur Organisation des Verwaltungsausschusses in den Verordnungstext sowie einer ausführlichen Erklärung der Kommission hierzu wurde diesem Anliegen Rechnung getragen. In dieser Erklärung ist unter anderem vorgesehen, dass

– die auf den einzelnen Ausschusssitzungen zu behandelnden Themen so ausgewählt werden, dass diese eine inhaltliche Beziehung zueinander aufweisen,
– Themen spezifischer Sektoren wie zum Beispiel Wein sowie Obst und Gemüse nach Möglichkeit auf gesonderten Ausschusssitzungen behandelt werden,
– Entwürfe von umfangreicheren Durchführungsverordnungen oder Themen von größerer Dringlichkeit (zum Beispiel bei Marktstörungen) durch spezielle Expertengruppen vorbereitet werden können,
– die Reisekosten je Sitzung zukünftig für zwei statt bislang einen Vertreter der Mitgliedstaaten erstattet werden.

Weiteres Vorgehen und Inkrafttreten

Im Anschluss an die nun erfolgte politische Einigung der Agrarministerinnen und -minister über den Vorschlag einer Einheitlichen GMO werden die jeweiligen Sprachfassungen noch einmal eingehend von den Sprachjuristen geprüft. Auch werden unter anderem die mittlerweile beschlossenen Änderungen der Getreidemarktorganisation (Interventionsregelungen Mais) in den Text der Einheitlichen GMO integriert. Formal wird dieser dann nach der Sommerpause verabschiedet werden.

Die Verordnung findet grundsätzlich Anwendung ab dem 1. Januar 2008. Hiervon abweichend wurden für bestimmte Sektoren oder Teilbereiche andere Zeitpunkte für die Anwendung der Einheitlichen GMO festgelegt:

– Sektoren Trockenfutter und Seidenraupen ab dem 1.April 2008,
– Sektor Milch und Milcherzeugnisse mit Ausnahme der Quotenregelung ab dem 1. Juli 2008; Milchquotenregelung ab dem 1. April 2008,
– Sektoren Getreide, Saatgut, Hopfen, Olivenöl und Tafeloliven, Flachs und Hanf, Rohtabak, Rindfleisch, Schweinefleisch, Schaf- und Ziegenfleisch, Eier und Geflügelfleisch ab dem 1. Juli 2008,
– Sektor Reis ab dem 1. September 2008,
– Sektor Zucker mit Ausnahme der Bestimmungen zur Quotenverwaltung ab dem 1. Oktober 2008; Bestimmungen zur Quotenverwaltung ab dem 1. Januar 2008,
– Handelsklassenschemata für Schlachtkörper ab dem 1. Januar 2009.

Der einzige Verwaltungsausschuss wird seine Tätigkeit ab dem 1. Januar 2008 aufnehmen; er kann zur Vorbereitung bestimmter Entscheidungen auch schon vor diesem Zeitpunkt zusammentreten, aber noch keine Beschlüsse fassen. In einer Übergangszeit vom 1. Januar 2008 bis zur Anwendbarkeit der Einheitlichen GMO in den jeweiligen Sektoren werden parallel zum einzigen Verwaltungsausschuss zusätzlich auch die jeweiligen sektoralen Verwaltungsausschüsse existieren. In diesen werden bis zu deren Abschaffung (Zeitpunkt in den einzelnen Sektoren siehe oben) wie bislang auch sektorale und fachspezifische Entscheidungen getroffen.

Die unterschiedlichen Zeitpunkte des Inkrafttretens tragen zum einen dem unterschiedlichen Beginn der jeweiligen Wirtschaftsjahre Rechnung und sollen für einen reibungslosen Übergang von den bislang gültigen Verordnungen auf die Einheitliche GMO sorgen. Zum anderen gewinnt die Kommission durch die Staffelung mehr Zeit für die Erarbeitung und Verabschiedung von Durchführungsbestimmungen. Durch die Schaffung der Einheitlichen GMO und die Verlagerung bestimmter Kompetenzen auf die Kommission ergibt sich die Notwendigkeit in verschiedenen Bereichen neue Durchführungsbestimmungen zu erlassen beziehungsweise bestehende Verordnungen zu ändern, um Regelungslücken zu vermeiden. Diese neuen oder geänderten Durchführungsverordnungen müssen vor Beginn der Anwendung der Einheitlichen GMO in den jeweiligen Sektoren verabschiedet worden sein.

(Quelle: http://www.bmelv.de/SharedDocs/Standardartikel/Landwirtschaft/Agrarmaerkte/Marktregelung/Einheitliche-Gemeinsame-Marktorganisation.html)

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