Nicht jede Gaspreiserhöhung widerspruchslos hinnehmen

Gaspreise vor Gericht – Verbraucher wehrten sich mit Erfolg

„Wir raten Verbrauchern, die gegenwärtig mit Gaspreiserhöhungen konfrontiert werden, unter Berufung auf zwei anstehende Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) der angekündigten Erhöhung zu widersprechen und nur unter Vorbehalt zu zahlen“, so Bettina Dittrich, Rechtsexpertin der Verbraucherzentrale Sachsen.

Sowohl für grundversorgte Kunden als auch für außerhalb der Grundversorgung versorgte Kunden (Normsonderkunden oder Sondervertragskunden) hat jetzt der Europäische Gerichtshof (EuGH) ein gewichtiges Wörtchen mitzureden. „Mit den beiden anstehenden Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) steht rechtlich viel auf der Kippe“, so Bettina Dittrich, „möglicherweise sogar die Durchsetzbarkeit der aktuell anstehenden Gaspreiserhöhungen.“ Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Beschluss vom 09.02.2011 (VIII ZR 162/09) dem EuGH zum einen die Frage vorgelegt, ob das Preisanpassungsrecht der Gasversorger für Sondervertragskunden überhaupt mit EU-Recht vereinbar ist, wenn in den Verträgen einfach die für Tarifkunden geltenden gesetzlichen Regelungen unverändert übernommen worden sind.
Doch der Bundesgerichtshof bezweifelt sogar auch das Recht der Energieversorger zur Preiserhöhung bei grundversorgten Kunden auf der Grundlage der Gasgrundversorgungsverordnung (GasGVV) und hat daher mit einem weiteren Beschluss vom 18.05.2011 (VIII ZR 71/10) dem EuGH die Frage gestellt, ob das gesetzlich verbriefte Preisänderungsrecht aus der Grundversorgungsverordnung mit seinem einseitigen Leistungsbestimmungsrecht den strengen Anforderungen der EU-Binnenmarkt-Richtlinie gerecht wird.

In einem von der Verbraucherzentrale Sachsen koordinierten so genannten Sammelklageverfahren mit ursprünglich ca. 400 Klägern hat sich der steinige Weg für diejenigen, die den Weg bis zum Bundesgericht nicht gescheut haben, letztlich gelohnt.
Der Bundesgerichtshof hat mit Urteil vom 11.05.2011 (VIII ZR 42/10) das Verfahren zwar wegen eines Verfahrensfehlers an das LG Chemnitz zurückverwiesen. Unter Bezugnahme auf eine vorangegangene Senatsentscheidung hat der BGH aber zur Sache selbst in der Urteilsbegründung deutlich darauf hingewiesen, dass bei Gasversorgungsverträgen außerhalb der allgemeinen Tarife ein Versorger nicht einseitig unter Verweis auf die für grundversorgte Kunden geltenden Allgemeinen Vertragsbedingungen die Preise erhöhen kann. Mit seinen rechtlichen Hinweisen im Urteil haben die obersten Richter die Rechtsauffassung der im Prozessverlauf von der Verbraucherzentrale Sachsen unterstützten Kläger akzeptiert.

Das beklagte Versorgungsunternehmen (die Erdgas Südsachsen GmbH, heute die eins – energie in sachsen GmbH) zahlt jetzt im Wege eines Vergleiches denjenigen, die sich nicht entmutigen ließen und bis zum BGH gegangen sind, einen Großteil der Differenzen aus den strittigen Preiserhöhungen in den Jahren 2005 und 2006 zurück.

(Quelle:http://www.verbraucherzentrale-sachsen.de/UNIQ131672185003250/link929041A.html)

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