Kontopfändung – was (t)nun ?

Pfändungsschutz ab 1. Januar 2012 nur noch über ein P-Konto möglich

Seit dem 1.07.2010 ist das Gesetz zur Reform des Kontopfändungsschutzes in Kraft getreten. Für eine Übergangszeit bis zum 31.12.2011 gelten das alte Pfändungsschutzrecht und das neue parallel. Ab dem 1.Januar 2012 ist das Pfändungsschutzkonto (bezeichnet als P-Konto) nach neuem Recht der einzig mögliche Weg Guthaben auf dem Konto vor dem Zugriff der Pfändungsgläubiger zu schützen. Dies müssen auch Betroffene beachten, die bisher entweder auf den Pfändungsschutz von Sozialleistungen vertraut haben oder eine gerichtliche Regelung (einen Beschluss) zum Schutz ihres Kontos nach altem Recht haben. Alle, die zukünftig Pfändungsschutz auf einem Girokonto beanspruchen wollen, müssen den Weg über ein P-Konto nehmen.

Wegen der großen Bedeutung dieser Rechtsänderung wurden alle Kreditinstitute per Gesetz verpflichtet ihre Kunden über das P-Konto zu informieren. Am Jahresende ist auch bei den Banken und Sparkassen mit einem erhöhten Kundenansturm zu rechnen. Deshalb und wegen möglicherweise unerwarteter Probleme raten die Neue Verbraucherzentrale und die Schuldnerberatung Lichtblick allen Betroffenen, das Problem rechtzeitig anzugehen.

Recht auf Girokonto
Das neue Gesetz führt nicht zu einem Rechtsanspruch auf ein Girokonto. Hier gilt die alte Rechtslage, wonach alle Kreditinstitute eine Selbstverpflichtung eingegangen sind und allen Bürgern in ihrem Geschäftsgebiet auf Wunsch ein Girokonto bereithalten. Jedoch haben Gerichte bereits entschieden, dass diese Selbstverpflichtung einen Rechtsanspruch auf ein Girokonto nicht begründet. In Mecklenburg-Vorpommern und einigen weiteren Bundesländern sind die Sparkassen per Verordnung gesetzlich verpflichtet jeder natürlichen Person im Geschäftsgebiet ein Girokonto einzurichten. Diese Verpflichtung gilt nur in ganz begründeten Ausnahmen nicht.

Das Pfändungsschutzkonto = P-Konto
Das Herzstück des neuen Kontopfändungsschutzrechts ist das P-Konto und das Gesetz verpflichtet alle Kreditinstitute bestehende Girokonten auf Antrag in ein P-Konto umzuwandeln. Diese Gesetzeskonstruktion hat für die Ausgestaltung des P-Kontos große Bedeutung. Das P-Konto ist kein eigenständiges Kontomodell, sondern die Fortführung des bestehenden Kontos mit einer zusätzlichen, nämlich der Pfändungsschutzfunktion. Das schließt erhöhte Entgelte für P-Konten gegenüber allgemeinen Girokonten aus. Die Umwandlung muss bis zum Beginn des 4. Bankgeschäftstages seit dem Antrag vollzogen sein. Mit dem P-Konto besteht automatisch Pfändungsschutz für einen Betrag von 1.028,89 €, egal ob es aus Arbeitseinkommen, Kapitaleinkünften, Sozialleistungen oder sonstigen Einkünften stammt. Bei gesetzlichen Unterhaltsverpflichtungen oder wenn andere Sozialleistungen gezahlt werden, kann ein über den Grundfreibetrag hinausgehender Betrag aufgrund einer

Bescheinigung pfändungsfrei gestellt werden. Diese Bescheinigungen stellen, so will es das Gesetz, Arbeitgeber, Familienkasse, Sozialleistungsträger oder anerkannte/geeignete Stellen aus. Pfändungsschutzkonten ermöglichen in eingeschränktem Umfang Rücklagen zu bilden, um Ausgaben, die quartalsweise oder jährlich anfallen, anzusparen. Im laufenden Monat nicht verbrauchte Freibeträge können in den Folgemonat übertragen werden. Damit sind in der Regel Guthaben bis zur doppelten Höhe des individuellen Freibetrages geschützt. Jedoch berichten Betroffene vermehrt, dass Kreditinstitute das Gesetz in diesem Punkt missachten und nicht ausgeschöpfte Freibeträge an Gläubiger auszahlen. Hier müssen sich Verbraucher vehement wehren und ihre Rechte auch mit Hilfe der Schuldnerberatungsstellen oder der Verbraucherzentrale durchsetzen.

Für die problemlose Umwandlung des bestehenden Kontos in ein P-Konto müssen Betroffene einige Regeln beachten: 1. Es können nur Einzelkonten (nur ein Kontoinhaber) umgewandelt werden. Bei Gemeinschaftskonten lehnen die Kreditinstitute die Umwandlung ab. Jedoch kann der Kontoinhaber weiteren Personen Kontovollmacht erteilen. 2. Die Umwandlung muss der Kontoinhaber (oder gesetzlicher Vertreter) persönlich beantragen. Ein Kontobevollmächtigter kann die Umwandlung nicht verlangen. 3. Jede Person darf nur ein Konto als P-Konto führen. Das Führen eines P-Kontos kann an Auskunfteien (z.B. SCHUFA) gemeldet werden und dient der Überprüfung ob tatsächlich nur ein P-Konto geführt wird.

Die Umwandlung von im Minus geführten Girokonten (sogenannte debitorische Konten) in ein P-Konto ist vom Gesetz nicht ausgeschlossen. Jedoch wirkt der Pfändungsschutz nur für Guthaben auf dem Konto. Bei debitorischen Girokonten muss mit dem kontoführenden Institut ein Weg gefunden werden, den Ausgleich des Kontos anderweitig herbei zu führen. Für Sozialleistungen und Kindergeld auf dem P-Konto gelten Sonderregeln. Danach müssen diese Leistungen innerhalb von 14 Tagen auf jeden Fall ausgezahlt werden.

Das P-Konto stellt zweifellos eine Verbesserung des Pfändungsschutzes dar. Das gesetzlich geschützte Existenzminimum wird unabhängig von der Herkunft automatisch vor dem Zugriff der Gläubiger geschützt. Auf dem P-Konto können in eingeschränkten Umfang Rücklagen gebildet werden. Trotzdem empfehlen Siegfried Jürgensen von der Schuldnerberatung Lichtblick und Axel Drückler von der Neuen Verbraucherzentrale nicht die „prophylaktische“ Umwandlung aller Girokonten in P-Konten. Nur wer von Kontopfändung betroffen oder unmittelbar bedroht ist, sollte die Umwandlung verlangen.

Die Verbraucherverbände beobachten die Entwicklung im Umgang mit P-Konten sehr genau. Kritische Punkte sind vor allem die Kontoführungskosten und die Leistungen im Rahmen des Kontovertrages. In 40 Fällen wurden Kreditinstitute abgemahnt, 21gaben Unterlassungserklärungen ab und in 9 Fällen kommt es zu gerichtlichen Verfahren.

Quelle

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