Kundenrechte bei Pleiten von Photovoltaik-Modulherstellern

Ob Q-Cells, Solon, Solar Millenium oder Solarhybrid – in der Solarbranche grassiert die Pleitewelle.

Während die Fachwelt über den nächsten Insolvenzkandidaten spekuliert und prognostiziert, wie viele Firmen es noch treffen wird, sorgen sich die privaten Betreiber kleiner Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) um ihre Investition. Denn vor allem die langjährigen Garantieversprechen der Modulhersteller waren ein großes Plus bei den Wirtschaftlichkeitsberechnungen dieser Anlagen. Bis zu 30 Jahre lang sollten die PV-Module nach den Versprechungen der Hersteller nämlich garantiert maximalen Ertrag aus der Sonnenenergie einfahren. Und für bis zu zehn Jahre lang garantierten sie, dass Module über die zweijährige gesetzliche Gewährleistung hinaus frei von Fehlern in Material und Verarbeitung sind.

Angesichts solcher Versprechen führte das Risiko hoher Reparaturkosten für PV-Anlagenbetreiber bislang eher ein Schattendasein. Doch wenn Modulhersteller pleitegehen, aufgekauft werden oder ihre Niederlassungen in Deutschland schließen, können auch Rechte der privaten Sonnenstrom-Produzenten untergehen.

Gewährleistung
In der Regel kauft der Hauseigentümer bei einem Installateur die komplette PV-Anlage mit allen Komponenten – inklusive Montage. Auch wenn im Angebot noch zwischen Modulen und Wechselrichtern verschiedener Hersteller gewählt werden kann: Vertragspartner bleiben Käufer und Installateur. Wie der Händler, bei dem eine Waschmaschine oder ein Fernsehgerät gekauft wird, muss der Installateur während der gesetzlichen Gewährleistungsfrist dafür geradestehen, dass die PV-Anlage mit allen Komponenten einwandfrei funktioniert. Der Betreiber kann von ihm fordern, dass bei Mängeln entweder nachgebessert oder – falls eine Nachbesserung nicht möglich ist – die Anlage oder einzelne Komponenten ausgetauscht werden.

Fristen
Bei „Auf-Dach-Anlagen“, die also mit Trägersystemen auf das Dach montiert worden sind, beträgt die Gewährleistungsfrist zwei Jahre. Bei „In-Dach-Anlagen“ hingegen, die baulich ins Dach integriert wurden, muss der Installateur fünf Jahre für den einwandfreien Betrieb einstehen. Während der zwei- beziehungsweise fünfjährigen Gewährleistungsfrist sollten sich PV-Betreiber bei Problemen mit der Anlage immer an ihren Installateur wenden. Dieser darf den Kunden nicht mit einem Verweis auf den Modulhersteller abweisen – auch dann nicht, wenn die Module eine geringere Leistung als versprochen erbringen. Geht der Modulhersteller während der Gewährleistungsfrist der Anlage pleite, bleibt das zunächst ohne Auswirkung, denn rechtlich ist der Installateur in der Pflicht, für deren Funktionsfähigkeit zu sorgen.

Garantie
Über die gesetzliche Gewährleistungspflicht hinaus bieten viele Modulhersteller ihren Kunden freiwillig langjährige Garantien. Wer Garantiegeber ist, ergibt sich aus der Garantieurkunde, in der Regel ist dies der (internationale) Mutterkonzern und nicht etwa die deutsche Niederlassung.
Konkret: Nach Ablauf der zwei- oder fünfjährigen Gewährleistungsfrist haftet nicht mehr der Installateur für Anlagemängel, sondern PV-Anlagenbetreiber können fehlerhafte Module dann grundsätzlich nur noch im Rahmen der Garantieversprechen der Modulhersteller reklamieren.

Anders als bei den gesetzlichen Vorgaben können Hersteller die Bedingungen für mögliche Leistungen jedoch selbst festlegen. Deshalb gilt schon beim Kauf, sich das Kleingedruckte aushändigen zu lassen und genau zu prüfen. Denn eine Garantie verliert zum Beispiel deutlich an Wert, wenn in deren Rahmen bei einem defekten Modul zwar ein neues geliefert wird, aber ein Großteil der Kosten, zum Beispiel für Prüfung, Abbau und Installation vom Betreiber zu zahlen sind.

Meldet ein Hersteller Insolvenz an, droht für deren Kunden auch die Pleite mit den ehemals selbst garantierten Leistungsversprechen. Anders ist dies nur in den Fällen, in denen der Installateur von sich aus auch per Vertrag die Garantie übernommen hat. Ob der Verkäufer der Photovoltaikanlage über die gesetzliche Gewährleistung hinaus auch für das Garantieversprechen haftet, kann oft nur durch eine Auslegung des Vertrags beantwortet werden. Ausschlaggebend ist dabei nicht, was der Installateur wollte, sondern wie der Käufer die Formulierungen im Kleingedruckten verstehen durfte.

Übernahme oder Rückzug aus Deutschland
Kauft ein anderes Unternehmen einen insolventen Modulhersteller auf, gehen auch die Garantierechte des Kunden an den neuen Besitzer über. Heißt also: Alle Kundenrechte bleiben erhalten, nur der Ansprechpartner ändert sich. Offen ist allerdings, ob dieser etwas mit den „lästigen“ Garantien des gekauften Unternehmens zu tun haben will oder möglichen Ansprüchen nur widerwillig nachkommen wird.

Gibt ein Modulhersteller seine Niederlassungen in Deutschland auf, bleiben die Garantieversprechen des Unternehmens davon unberührt. Allerdings wird es für den Kunden schwieriger, seine Ansprüche durchzusetzen; denn er ist dann ja gezwungen, ins Ausland zu schreiben und am dortigen Sitz des Unternehmens möglicherweise auch zu klagen.

Hersteller-Pleite
Meldet ein Hersteller Insolvenz an, droht auch dessen freiwilligen Garantieversprechen das Aus. Wichtig ist es deshalb, den Gang des Insolvenzverfahrens zu beobachten. Wer Mängel – nach Ablauf der Gewährleistungsfrist – während des laufenden Insolvenzverfahrens entdeckt, kann Garantieansprüche noch beim zuständigen Insolvenzverwalter anmelden (zu ermitteln über Link öffnet in neuem Fensterwww.insolvenzbekanntmachungen.de).

Wird der Modulhersteller vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens noch „gerettet“, rettet das auch die Garantie. Übernimmt bei einem eröffneten Insolvenzverfahren ein anderes Unternehmen den insolventen Anbieter, ist entscheidend, ob es auch dessen Garantieverpflichtungen ins Übernahmepaket packt. Nur dann haben die Garantien noch einen Wert, andernfalls verfallen sie. Entscheidend ist hier, was das kaufende Unternehmen und der Insolvenzverwalter ausgehandelt haben. Ist der Modulhersteller nicht zu retten und wird deshalb „abgewickelt“, sind in der Regel auch die Garantieansprüche der PV-Kunden futsch.

Insolvenzverfahren im Ausland
Hat der insolvente Garantiegeber seinen Sitz nicht in Deutschland – das ist bei sehr vielen auf dem deutschen Markt vertretenen Modulherstellern der Fall –, so wird ein Insolvenzverfahren nach den Regeln des jeweiligen Heimatstaats durchgeführt. In Ländern der Europäischen Union gelten bei einer Insolvenz vergleichbare Regelungen wie in Deutschland. Auch China, Standort vieler Modulhersteller, orientiert sich beim Insolvenzrecht inzwischen an internationalen Standards. Dennoch dürfte es außerhalb der EU faktisch sehr schwierig sein, im Insolvenzfall seine Garantie durchzusetzen.

Insolvenzversicherung prüfen
Um Kunden angesichts der zunehmenden Insolvenzen in der Solarbranche nicht zu verunsichern, haben einige Modulhersteller inzwischen Rückversicherungen abgeschlossen: Diese halten die Garantien weiterhin am Leben, wenn das Unternehmen als Garantiegeber pleitegeht. Im Fall der Fälle sollten Betreiber daher prüfen, ob auch der „eigene“ Modulanbieter eine solche Rückversicherung abgeschlossen hat. Wie bei allen Versicherungen gilt auch hier: Unbedingt das Kleingedruckte lesen. Nur dann ist zu klären, unter welchen Voraussetzungen die Rückversicherung mit Garantieleistungen einspringt.

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