Lebensmittel am Rande der Mindesthaltbarkeit

Wirrwarr beim Verkauf

Lebensmittel, die das Datum ihrer Mindesthaltbarkeit erreichen, werden in deutschen Supermärkten und Discountern recht unterschiedlich behandelt. Was die einen frühzeitig aussortieren, ist bei anderen ein reduzierter Einkaufsschnapp. Doch den meisten Konzernen scheint das Thema unangenehm, wie eine Umfrage der Verbraucherzentrale NRW vermuten lässt.

Diese Schnäppchen stehen in keinem Prospekt: Das abgepackte „XXL-Nackensteak“ kostet im Kaufland statt 3,29 nur noch 1,65 Euro, auch fürs Haselnuss-Dessert zahlen Kunden bei Kaisers den halben Preis. Sogar der Aktionspreis für den Activia Joghurt reduziert sich bei Netto von 1,49 auf 0,79 Euro. Das sind nur einige Beispiele für Angebote von verpackten Lebensmitteln, auf die Kunden eher unverhofft stoßen. Auf den reduzierten Artikeln pappen zumeist rote Aufkleber, sie finden sich oftmals in einer Extra-Ecke der Kühltheke oder sind einfach zwischen die normal ausgepreisten Produkte gemischt. Den Unterschied in Cent und Euro macht dabei das Mindesthaltbarkeitsdatum (MHD) aus. Das gibt den Zeitpunkt an, bis zu dem das ungeöffnete Lebensmittel bei richtiger Lagerung seine Eigenschaften wie Geschmack, Geruch und Nährstoffe mindestens behält. Lebensmittel, mit Ausnahme von Eiern, dürfen nach Ablauf des MHD durchaus noch verkauft werden. In diesem Fall muss sich der Händler jedoch davon überzeugen, dass die Ware einwandfrei ist und die zugesicherten Eigenschaften aufweist. Was gesetzlich geregelt ist, wird in den Geschäften unterschiedlich umgesetzt. Das zeigt ein Check der Verbraucherzentrale NRW in Filialen von zehn Supermarkt-Ketten. Bei vier Anbietern (Kaiser`s, Kaufland, Lidl und Netto) entdeckten die Testkunden MHD-reduzierte Preise. Bei sechs Handelsketten (Aldi, Edeka und Marktkauf, Penny, Real und Rewe) blieb die Suche hingegen erfolglos. Das Personal befand die Reduzierung für „zu aufwändig“ – oder verwies darauf, dass „Waren immer zwei Tage vor Ablauf des Haltbarkeitsdatums aussortiert werden“.

Nicht zu verwechseln ist das MHD übrigens mit dem „Verfallsdatum“. Das ist am Aufdruck „verbrauchen bis“ erkennbar, der sich auf sehr leicht verderblichen Lebensmitteln findet, die nach kurzer Zeit eine unmittelbare Gesundheitsgefahr darstellen können. Das Verbrauchsdatum benennt den letzten Tag, an dem die leicht verderblichen Lebensmittel noch verzehrt werden können. Im Unterschied zum Mindesthaltbarkeitsdatum dürfen Lebensmittel mit überschrittenem Verbrauchsdatum nicht mehr verkauft werden.

Nachfrage bei Handelsketten: Wenig Antworten zu heiklem Thema
Ob es zentrale Regeln für den Umgang gibt, sollte eine Umfrage bei zwei Dutzend Handelsketten zeigen. Überraschung hier jedoch: Anstatt Antworten zu verkaufen, sortierten drei Viertel der Konzerne die Fragen der Verbraucherzentrale NRW gleich aus. Ein für den Handel offenbar durchaus heikles Thema. Schließlich werden, laut Welthungerhilfe, allein in Deutschland insgesamt 20 Millionen Tonnen pro Jahr an Lebensmitteln weggeworfen, in Haushalten und im Handel. Vielleicht aus diesem Grund zeigten sich gerade mal sechs Anbieter auskunftsbereit. Erfreulich dabei: Was Verbraucherschützer empfehlen, setzen fünf der Sechs nach eigenen Angaben meist um: MHD-Ware werde mit Preis-Abschlag verkauft. Allein Globus mag nur „in Ausnahmefällen“ den Preis senken. Klare Weisung aus der Zentrale an die Filialen gibt es dabei bei drei Unternehmen: Kaufland, Netto und Bio-Discounter Alnatura. Die andere Hälfte, Edeka, Rewe und Globus, stellt es seinen Kaufleuten und Marktleitern frei, MHD-Ware reduziert anzubieten.

Der Lichtblick immerhin: Nicht alles, was nicht im Einkaufskorb der Kunden landet, wird letztlich auf den Kompost gekippt. Abnehmer von vielen Lebensmitteln – „auch vor Ablauf des MHD“ (Netto) – sind zumeist auch Hilfsorganisationen wie die Tafeln. Diesen Weg, so beteuern die sechs Konzerne unisono, beschreiten alle. Wie oft, bleibt meist ihr Geheimnis.

(Quelle:http://www.vz-nrw.de/UNIQ131722090621142/link931171A.html)

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