Missbrauch von Bank- und Kreditkarten

Bundesgerichtshof stärkt die Rechte der Kunden

In einer Nacht wurden an verschiedenen Geldautomaten sechsmal jeweils 500 Euro abgehoben. Dies geschah mit der persönlichen Geheimzahl des Kunden. Deshalb schien das Ergebnis zunächst klar: Der Kunde haben seine Pflicht zur Sorgfalt, nämlich Karte und PIN separat aufzubewahren, verletzt und müsse deshalb für den Schaden aufkommen. Ganz anders sah das jetzt der Bundesgerichtshof (BGH). Nach dessen jüngstem Urteil (Az.: XI ZR 370/10, 29. 11. 2011) zu missbräuchlichen Abhebungen müssen die Banken beweisen, dass das Geld mithilfe der Originalkarte aus dem Automaten gezogen worden ist. Denn nur dann könne davon ausgegangen werden, dass der Kunde Karte und Geheimnummer fahrlässig gemeinsam aufbewahrt habe.

Ist an einem Automaten Geld mit Karte und PIN abgehoben worden, so hatte der BGH in seiner bisherigen Rechtsprechung vermutet, dass der Kunde Karte und PIN zusammen aufbewahrt habe – Juristen sprechen vom so genannten Anscheinsbeweis. Ein solch besonders unvorsichtiges Verhalten führt dazu, dass der Kunde seinen Schaden selbst tragen muss. Bankkunden mussten diese Vermutung vor Gericht widerlegen, was ihnen oft nicht gelang.

Im jetzt vorliegenden Urteil hat der BGH seine Rechtsprechung verfeinert. Das gemeinsame Aufbewahren von Karte und PIN könne nur dann vermutet werden, wenn bei der Abhebung die Originalkarte verwendet worden sei. Das müsse die Bank erst einmal beweisen. Sei das Geld dagegen mit PIN und Kartenkopie abgehoben worden, so könne das gemeinsame Aufbewahren nicht einfach vermutet werden. Es sei beispielsweise auch denkbar, dass Kriminelle durch Skimming an die PIN gelangt seien, der Kunde also gar nichts für das Ausspähen der PIN könne.

Verbraucherzentrale fordert klare gesetzliche Regelung

Das Urteil ist für Bankkunden daher durchaus erfreulich. Leider konnte der BGH sich jedoch nicht dazu durchringen, seine Rechtsprechung zum Anscheinsbeweis aufzugeben. Die Verbraucherzentrale fordert daher weiterhin eine klare gesetzliche Regelung, die der Bank in jedem Fall die Beweislast für ein grob fahrlässiges Verhalten des Kunden auferlegt. Denn die Folgen eines solchen besonders unvorsichtigen Verhaltens sind hart: der Bankkunde muss den gesamten Schaden durch missbräuchliche Abbuchungen selbst tragen.

In ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen – dem Kleingedruckten – hatte die Bank auch festgelegt, dass der Kunde selbst für alle Abhebungen bis zum Eintreffen der Verlustmeldung nur mit 50 Euro haftet. Der BGH legte diese Klausel so aus, dass sie auch gilt, wenn der Kunde seine Sorgfaltspflichten verletzt hat. Das bedeutet: Selbst wenn er schuldhaft gehandelt, also Karte und PIN zusammen aufbewahrt hat, muss er lediglich 50 Euro selbst tragen.

Im Kleingedruckten der Bank stand außerdem, dass der Kunde pro Tag nur einen bestimmten Höchstbetrag abheben kann. Eine solche Regelung schützt nach Meinung der Bundesrichter in diesem konkreten Fall auch den Kunden, sodass es sein kann, dass der Kunde bei einem Kartenmissbrauch jedenfalls nur diesen Betrag selbst zahlen muss.

Die Auslegung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen nehmen die Richter am konkreten Einzelfall vor, insbesondere anhand des genauen Wortlautes der Klausel. Es bleibt daher abzuwarten, ob das Urteil insofern auf andere Bankkunden und Banken übertragbar ist.

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