Neuland betreten: Immer mehr Personalberater sind im öffentlichen Sektor tätig

Magazin rathausconsult über Headhunter-Einsatz bei kommunalen Unternehmen und Verwaltungen

Von Ansgar Lange +++ Rheinbach/Sindelfingen, November 2012 – Auch wenn die Arbeitslosenzahlen zuletzt gestiegen sind und sich die Wirtschaftsaussichten eintrüben: Das Geschäft der Headhunter läuft weiterhin prächtig. „Unser Kerngeschäft ist die Vermittlung von Fach- und Führungskräften. Hier ist der Bedarf weiterhin hoch. Spezialisten sind nach wie vor gefragt. 91 Prozent der mittelständischen Unternehmen stellen trotz der Finanzkrise neue Mitarbeiter ein, so ein Ergebnis der Studie „Recruiting Trends im Mittelstand 2012″ der Unis Bamberg und Frankfurt am Main und des Stellenportals Monster. Wir helfen zum Beispiel dabei, international erfahrenes Personal für die Unternehmen zu rekrutieren, die ihr Geschäft im Ausland ausbauen wollen“, sagt der Personalexperte Michael Zondler, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens centomo http://www.centomo.de mit Sitzen in Ludwigsburg und Sindelfingen. Gut im Geschäft sei die Branche auch bei der Positionierung von Frauen in Führungspositionen und in der Automotive- oder Energiebranche.

Doch was machen Headhunter eigentlich? „Der Headhunter agiert als diskreter Vermittler zwischen potenziellem Kandidaten und Unternehmen, berät alle Parteien während der Rekrutierungsphase und wahrt absolute Vertraulichkeit gegenüber den involvierten Parteien“, erläutert Zondler. Aus Bewerbersicht gibt es laut Frankfurter Rundschau http://www.fr-online.de einen entscheidenden Vorteil, wenn man von einem Personalberater/Headhunter kontaktiert wird: „Bewerben Sie sich auf eine Anzeige, nehmen Sie die Position des Bittstellers ein. Werden Sie jedoch vom Headhunter vorgeschlagen, sind Sie ein vom Berater „empfohlener Interessent“ und werden als solcher vom Unternehmen umworben und nehmen automatisch eine bessere Verhandlungsposition ein.“ Selbst die krisengeschüttelten Banken und Finanzdienstleister können nicht auf Neueinstellungen verzichten. Im Investmentbanking werden Stellen abgebaut, aber gleichzeitig rüsteten Banken und Berater mit Spezialisten für Risikomanagement und für die Anpassungen an die neue Bankenregulierung auf.

Schwierige Zeiten für Unternehmen können gute Zeiten für Personalberater sein

Schwierige Zeiten für Unternehmen können also gute Zeiten für Personalberater sein. Dieser Trend zeige sich nicht nur in den DAX-Konzernen und im Top-Management, sondern auch im Mittelstand und in der „Lehmschicht“ des mittleren Managements und der Fachkräfte, berichtet Wolfram Tröger von der auf Positionen im mittleren Management und Fachkräfte spezialisierten Personalberatung Baumann in Frankfurt. Fach- und Führungskräfte vom Ingenieur bis zum IT-Spezialisten oder Marketingleiter werden zunehmend knapp und sind entsprechend gefragt. „Das macht unser Geschäft aufwändiger, aber auch weniger anfällig für leichte konjunkturelle Dellen als früher“, sagt Tröger. „Letztlich geht es uns aber genauso wie unseren Klienten: Angesichts der labilen politischen Lage in Europa weiß niemand, was das nächste Jahr bringen wird. Aber bisher läuft das Geschäft rund – darüber freuen wir uns und nehmen die entsprechenden Gewinne natürlich gerne mit.“

Doch wie sieht die Situation im öffentlichen Sektor aus? In Großbritannien, so der centomo-Geschäftsführer Zondler, sind Headhunter in diesem Bereich viel aktiver als in Deutschland. „Im Jahr 2011 entfielen 1,5 Prozent des Umsatzes der Branche auf den öffentlichen Sektor. Dies entspricht einem Umsatz von 22,5 Millionen Euro oder rund 750 besetzten Stellen. Doch der Markt wächst. Für 2012 wird ein Wachstum von 8,8 Prozent für Beratungsleistungen im öffentlichen Sektor vorhergesagt“, so Klaus Reiners, Pressesprecher des Bundesverbandes Deutscher Unternehmensberater (BDU) http://www.bdu.de, gegenüber der Zeitschrift rathausconsult http://www.rathausconsult.de. Reiners verweist auf die BDU-Studie „Personalberatung in Deutschland 2011/2012“, an der rund 250 Personalberatungsunternehmen teilgenommen haben.

Zum Vergleich: Beim verarbeitenden Gewerbe betrug der Umsatzanteil der Berater insgesamt 43,2 Prozent, das entspricht einem realen Umsatz von 644.760.000 Euro, bei den Finanzdienstleistungen lag der Umsatzanteil insgesamt bei 11,5 Prozent oder einem Umsatz von 153.700.000 Euro. Vor der Verwaltung rangieren noch die Konsumgüterindustrie, der Maschinenbau, Chemie/Pharma, der Fahrzeugbau, Kreditinstitute, Versicherungen, das Gesundheitswesen, Professional Services, Energie- und Wasserversorger sowie der Groß- und Einzelhandel. Hinter der öffentlichen Verwaltung rangieren nur noch der Sektor Verkehr und Gastgewerbe sowie sonstige Branchen.

Dass hier noch gleichsam Neuland betreten wird, belegt die Recherche bei verschiedenen Verwaltungen und kommunalen Tochterunternehmen. Die Stadtwerke Stuttgart haben beispielsweise noch nicht mit Headhuntern zusammengearbeitet. „Die Landeshauptstadt nutzt Headhunter bei der Suche nach Geschäftsführern der Gesellschaft, wie zum Beispiel bei der Märkte Stuttgart GmbH. Dies ist erforderlich aufgrund der Vielzahl an Bewerbungen“, erläutert Sven Matis von der Abteilung Kommunikation der Landeshauptstadt Stuttgart.

Wolfram Tröger, der auch Vorstandsmitglied des Fachverbandes Personalberatung im BDU ist, bestätigt, dass der Einsatz von Personalberatungen im öffentlichen Sektor hierzulande noch eher die Ausnahme ist. Obwohl Kommunalverwaltungen bzw. kommunale Unternehmen ab einer bestimmten Größe über ähnliche Strukturen verfügten wie Unternehmen, sei gelegentlich immer noch mit Vorbehalten oder Berührungsängsten seitens der Kommunen zu rechnen.

Kenntnis des kommunalen und regionalen Umfelds vorteilhaft

Tröger zufolge ist es für Personalberatungen, die im öffentlichen Sektor agieren wollen, von Vorteil, wenn sie das jeweilige kommunale oder regionale Umfeld gut kennen. In der Regel kämen hier eher deutsche Beratungsunternehmen mit regionaler Verankerung zum Zug. Generell seien Industrieunternehmen weniger reserviert als der öffentliche Bereich, wenn es um die Kontaktierung eines Headhunters geht. Zudem sind – stärker bei den Verwaltungen, weniger bei den kommunalen Töchtern – gewisse Grenzen gesetzt, die dem Tarifumfeld und der Höhe der Vergütung geschuldet sind. Aber auch in der Wirtschaft wachsen die Bäume in puncto Bezahlung nicht in den Himmel. Die durchschnittliche Honorarhöhe der Berater über alle Größenklassen hinweg lag im Jahr 2006 bei knapp 26 Prozent des Zieleinkommens des zu suchenden Kandidaten.

Der Einsatz in einer Verwaltung wird für Personalberatungen ungefähr ab einem Jahresgehalt von 70.000 Euro interessant. Bei knapp 31.000 Stellenbesetzungen im Jahr 2011 (gesamt: rund 49.000) – dies entspricht einem prozentualen Anteil von etwa 63 Prozent – lag das Zieleinkommen laut BDU-Studie zwischen 75.000 und 150.000 Euro. Bei der Besetzung von Referats- oder Amtsleiter seien auch viele BDU-Mitglieder gut aufgestellt und könnten hier den Kommunen helfen, betont Tröger. Allerdings sei das Vermittlungsverfahren in Kommunen aufwändiger, was sich zum Beispiel bei der Berücksichtigung parteipolitischer Faktoren bei der Besetzung von Dezernentenstellen etc. zeige. Stärker zum Einsatz kommen Headhunter laut Tröger bei der Suche nach Spezialisten (vor allem im IT- und Energieumfeld) bei städtischen Tochter- oder Schwestergesellschaften. Hier sei insbesondere an Stadtwerke oder Energieversorger zu denken, wo häufig auch schon eine industrielle Beteiligung vorliege.

Reinhard Büttner, Geschäftsführer der Stadtwerke München (SWM), bestätigt gegenüber rathausconsult, dass die SWM bei der Suche nach IT-Leuten, die im Markt heiß begehrt seien, auf das Know how von Headhuntern setzen. Bei der Rekrutierung von Spezialisten oder die Besetzung von Führungspositionen sei man oft auf die Unterstützung von Personalberatern angewiesen. Die SWM setzen hierbei aber nicht auf regional aufgestellte Berater, sondern die Großen der Branchen, die zumindest europaweit aufgestellt sind. Auch im Energiesektor nutze man die Kontakte der Berater.

Im Jahr 2012, so Büttner, hätten die SWM rund 500 Mitarbeiter eingestellt. Zwischen zwei und vier Prozent seien über Berater rekrutiert worden. Besonders zu Buche schlage der Ingenieurmangel. Der Bedarf an gut ausgebildeten Ingenieuren könne derzeit von den Universitäten nicht gedeckt werden, weil die entsprechende Berufspraxis fehle. Da externe Berater in der Regel viel Geld kosten, vereinbare man häufig Erfolgshonorare. Wenn die Probezeit erfolgreich absolviert wurde, werde dann das gesamte Honorar an den Headhunter bzw. dessen Agentur fällig. Ein gängiges Abrechnungsmodell sieht laut BDU-Angaben folgendermaßen aus: Ein Drittel des Honorars erfolgt bei Auftragserteilung, ein weiteres Drittel bei Vorstellung der Kandidaten und das letzte Drittel nach Abschluss des Arbeitsvertrages. Im Gegensatz zu öffentlichen Verwaltungen treten die SWM stark als Arbeitgebermarke auf, was die Vermittlung erleichtere.

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