Bundesgerichtshof verwirft Klauseln von Lebensversicherungen – Jetzt Geld zurückfordern

Wer ohne detaillierte Kenntnisse eine kapitalbildende Lebensversicherung oder eine private Rentenversicherung abschließt, der wundert sich beim Blick auf die ersten Kontoauszüge.

Da hat er Beitrag um Beitrag gezahlt – aber das angesammelte Kapital ist deutlich geringer. Das liegt daran, dass die Gesellschaften ihre Abschlusskosten – darin enthalten sind auch die Provisionen/Courtagen für die Vermittler – gleich von den ersten Beiträgen abziehen. Kunden, die frühzeitig aus dem Vertrag aussteigen wollen, erhalten deshalb häufig nur einen Bruchteil der eingezahlten Summe zurück oder womöglich sogar keinen Cent.

Diese Praxis, die den Rückkaufswert der Versicherung bei vorzeitigem Ausstieg aus dem Vertrag extrem stark mindert, hat der Bundesgerichtshof (BGH) nun in einem Verfahren der Verbraucherzentrale Hamburg gegen die Versicherung Deutscher Ring gekippt (Link öffnet in neuem FensterUrteil vom 25. Juli 2012, Az.: IV ZR 201/10). Durch die Klausel im Kleingedruckten würden die Kunden „unangemessen benachteiligt“. Da die Branche in ihren Versicherungsbedingungen seit 2001 fast durchweg mit dieser Klausel operiert hat und da etwa 80 Prozent aller Verträge vor Ablauf gekündigt werden, hat das Urteil Bedeutung weit über den konkreten Fall hinaus.

Ehemalige Kunden, die aus einer Lebensversicherung oder privaten Rentenversicherung, die sie im Zeitraum 2001 bis Ende 2006 abgeschlossen hatten, vorzeitig ausgestiegen sind, können nun jubeln. Die Gesellschaften werden ihnen nach dem Urteil aus Karlsruhe Geld erstatten müssen.
Die Verbraucherzentrale hat einen Musterbrief erstellt, mit welchem Verbraucher ihre Forderung geltend machen können.

Zuckerl gestrichen

Ebenfalls verworfen hat der BGH Klauseln wegen mangelnder Transparenz. Dabei ging es um die Praxis, bei vorzeitigem Ausstieg aus dem Vertrag eine Art Kündigungsstrafe („Stornoabzug“) zu verlangen. Nach Ansicht des Gerichts wird in den Bedingungen nicht hinreichend und für den Kunden verständlich differenziert zwischen dem Rückkaufswert und dem Stornoabzug.

Über das Kleingedruckte wollte sich der Deutsche Ring auch noch ein Zuckerl gönnen. Die Klausel sah vor, alle Beträge, die nach Abzug der Kosten der Versicherung unter 10 Euro liegen, erst gar nicht zu erstatten. Auch da hat der BGH geurteilt: „unangemessene Benachteiligung“ der Kunden.

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