Die Portion Zucker für „Zwischendurch“

Vereinfachte Nährwertkennzeichnung führt bei Kinderprodukten in die Irre

Ein verärgerter Vater beschwerte sich bei der Verbraucherzentrale Sachsen über ein Knusperbrot für Kinder, das laut Hersteller „genau richtig als Snack für Zwischendurch im Kindergarten oder in der Schule“ wäre. Sein Unmut entzündete sich daran, dass das Knusperbrot zu mehr als einem Drittel aus Zucker besteht. „Damit ist das Produkt eine Süßigkeit und nicht als Zwischenmahlzeit geeignet“, informiert Dr. Birgit Brendel, Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Sachsen. „Es kann gern genascht werden, aber Produkte wie dieses sollten nicht die täglichen Begleiter in der Vesperdose sein“, so Brendel.

Das Produkt zeigt sehr eindrücklich die Grenzen der vereinfachten Nährwertkennzeichnung, die durch die Lebensmittelindustrie praktiziert wird. Auf der Frontseite der Packung erfährt der Käufer, dass eine Portion (28 g) Knusperbrot 10,1 g Zucker enthält. Laut Hersteller entspräche das 11 % des empfohlenen Tagesbedarfes. „Hier steckt der Teufel aber im Detail. Für Zucker gibt es nämlich keinen empfohlenen Tagesbedarf wie bei den lebensnotwendigen Nährstoffen, sondern tolerierbare tägliche Zufuhrmengen“, erklärt Brendel.

Der Vergleichsmaßstab der vereinfachten Nährwertkennzeichnung ist eine Frau mittleren Alters mit einem täglichen Durchschnittsbedarf von 2.000 kcal an Energie und einem Zuckerverbrauch von 90 g. Ein dreijähriges Kind, wie das des betroffenen Verbrauchers, benötigt aber altersbedingt nur rund 1.000 kcal täglich. Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt nun, dass nicht mehr als 10 % der täglichen Energiezufuhr aus zugesetztem Zucker stammen sollen. Nach dieser Empfehlung sollten Dreijährige lediglich 25 g Zucker verzehren.

Mit einer Portion Knusperbrot, das anhand der Aufmachung und Werbung deutlich als Kinderprodukt zu erkennen ist, nimmt ein dreijähriges Kind also nicht 11 % seiner Tagesmenge Zucker zu sich, sondern satte 40 %. Das heißt, die prozentuale Angabe des empfohlenen Tagesbedarfes in der vereinfachten Nährwertkennzeichnung auf der Frontseite des Produkts kann Verbraucher irritieren, obwohl die Angabe formal völlig korrekt ist. Denn die Bezugsbasis „erwachsene Frau“ entspricht nicht der Zielgruppe des Produktes.

„Interessierte Eltern sollten in Fällen wie diesem besser die Nährwerttabelle auf der Rückseite der Packung zu Rate ziehen, in der die Gehalte an Energie und Nährstoffen je 100 g Produkt angegeben sind“, empfiehlt Brendel.

Die Verbraucherzentrale Sachsen gibt am Ernährungstelefon Auskunft zu Lebensmitteln und Ernährung. Unter der Nummer 0180-5-791352 (Festnetzpreis 0,14 €/Min.; Mobilfunkpreis maximal 0,42 €/Min.) werden jeweils montags und donnerstags von 10 bis 16 Uhr Fragen zu Ernährungsthemen beantwortet. Termine für die persönliche Beratung können unter der Rufnummer 0180-5-797777 (Festnetzpreis 0,14 €/Min.; Mobilfunkpreis maximal 0,42 €/Min.) vereinbart werden.

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