Hilfe rund um die Uhr – (l)egal durch wen?

Im eigenen Haushalt rund um die Uhr versorgt zu werden – das wünschen sich viele pflegebedürftige Menschen.

Weil Angehörige dies allein zumeist nicht leisten können, sind praktikable Lösungen mit Unterstützung durch Dritte gefragt.

Es gibt in Deutschland ansässige und von der Pflegekasse zugelassene Pflegedienste, die eine 24-Stunden-Pflege anbieten. Solch geprüfte Qualität hat aber ihren Preis. Deshalb boomt das Geschäft mit Hilfskräften aus Osteuropa. Vor allem wenn es vorrangig darum geht, dass ein Pflegebedürftiger nicht allein in seiner Wohnung ist, einfache Hilfen bei der Grundpflege erhält und zusätzlich hauswirtschaftliche Tätigkeiten erledigt werden sollen, haben Haushalte mit Pflegebedürftigen gerne osteuropäische Kräfte beschäftigt – oft am Rande der Legalität.

Seit dem 1. Mai 2011 gilt nun auch für die Mehrzahl der osteuropäischen EU-Beitrittsstaaten die so genannte Arbeitnehmerfreizügigkeit. Das heißt, Bürger aus den Staaten dürfen ab Mai 2011 wie deutsche Arbeitskräfte angestellt werden, ohne dass eine Erlaubnis der Arbeitsagentur benötigt wird. Nur für Arbeitnehmer aus Bulgarien und Rumänien gilt diese Freizügigkeit noch nicht.

Pflege- und Betreuungskräfte aus Rumänien und Bulgarien brauchen noch bis zum 31.12.2013 eine Arbeitserlaubnis. Eine Vermittlung als „Haushaltshilfe“ kann daher auch nach dem 1. Mai 2011 nur über die Arbeitsagenturen erfolgen, die dann auch die Arbeitserlaubnis erteilen. In beiden Fällen wird der Pflegebedürftige oder ein Angehöriger des Pflegebedürftigen zum Arbeitgeber.

Als einfacher sehen es die Haushalte oft an, wenn sie nicht Arbeitgeber werden, sondern einen ausländischen Dienstleister mit der Pflege und Betreuung beauftragen und dieser dann seine Angestellten in den Haushalt nach Deutschland entsendet. In diesen Fällen entfallen dann die ganzen Arbeitgeberpflichten für den Haushalt.

Leistungsumfang

Eine Beschäftigung von Pflege- und Betreuungskräften rund um die Uhr ist in der Praxis nur möglich, wenn verschiedene Personen in drei Schichten arbeiten. Das ist mit entsprechend hohen Kosten verbunden. Für etwa acht Stunden täglich sind aber Betreuung, hauswirtschaftliche Hilfen und Unterstützung bei einfachen Pflegeverrichtungen zu haben. Da die Hilfskräfte oft mit im Haushalt wohnen, ist eine flexible Zeiteinteilung die Regel.
Anstellung osteuropäischer Pflege- und Betreuungskräfte

Nach dem Wegfall der Beschränkungen für Arbeitnehmer aus Estland, Lettland, Litauen, Polen, Tschechien, der Slowakei und Ungarn können Personen aus diesen Ländern direkt vom deutschen Haushalt angestellt werden. Eine Arbeitserlaubnis ist seit dem 01. Mai 2011 nicht mehr erforderlich. Bei der Suche und Auswahl ist – wenn die Kräfte in einem Haushalt mit Pflegebedürftigen angestellt werden sollen – weiterhin die Arbeitsagentur behilflich, die dafür mit den europäischen Arbeitsvermittlungen zusammen arbeitet. Wer möchte, kann aber auch selbst nach einer Person suchen oder andere Vermittlungsdienste beauftragen.

Auch wer privat einen Arbeitsvertrag mit einer Pflege- oder Betreuungskraft schließt, muss sich an die Regeln des Arbeitsschutzes halten. Das heißt beispielsweise, dass die tägliche Arbeitszeit an Werktagen durchschnittlich nicht mehr als acht Stunden betragen darf, dass maximal 48 Stunden pro Woche gearbeitet werden dürfen und ein Urlaubsanspruch von mindestens 24 Werktagen pro Jahr besteht. Der Lohn muss vergleichbar mit den branchenüblichen Löhnen sein, zum Beispiel dem Tarifvertrag des Deutschen Hausfrauenbundes mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten.

Der Vorteil einer direkten Anstellung der Pflege- und Betreuungskräfte oder der Haushaltshilfen liegt darin, dass man als Arbeitgeber im Rahmen der tariflichen und gesetzlichen Möglichkeiten flexibel mit der Hilfskraft aushandeln kann, was wann wie zu tun ist. Allerdings muss man sich bewusst sein, dass der Haushalt als Arbeitgeber auch die Pflicht hat, die Lohnsteuer sowie die Beiträge zur Sozialversicherung abzuführen und Mitglied der gesetzlichen Unfallversicherung zu werden.
Haushaltshilfen über die Arbeitsagentur

Personen aus Bulgarien und Rumänien benötigen noch bis zum 31.12.2013 eine Arbeitserlaubnis und können daher weiterhin nur über das Verfahren zur Vermittlung von Haushaltshilfen durch die Arbeitsagenturen vermittelt werden. Voraussetzung für eine Vermittlung ist auch nach wie vor, dass wenigstens eine Person, die Leistungen der Pflegeversicherung erhält, im Haushalt des Arbeitgebers lebt. Die Hilfskraft darf sowohl hauswirtschaftliche Arbeiten erledigen, Betreuung sichern als auch Grundpflegeleistungen erbringen.
Von osteuropäischen Arbeitgebern entsandtes Pflege- und Betreuungspersonal

Alternativ zur selbst angestellten Hilfe, kann man osteuropäische Dienstleitungsunternehmen beauftragen, die ihre Mitarbeiter dann nach Deutschland entsenden. Hierbei besteht das Arbeitsverhältnis zwischen dem entsendenden Unternehmen und dem entsandten Arbeitnehmer fort. Das bedeutet beispielsweise, dass die bei dem ausländischen Unternehmen angestellten und im deutschen Haushalt eingesetzten Kräfte ausschließlich dem Weisungsrecht des Arbeitgebers im Heimatland unterliegen. Diese – und nicht die Kunden – bestimmen Arbeitszeiten, Urlaube und die Ausführung der Arbeit. Der Kunde muss sich bei Änderungswünschen an das Unternehmen im Ausland wenden.

Bevor die Pflegekraft ihre Arbeit aufnimmt, sollte man sich vergewissern, dass sie in ihrem Heimatland sozialversichert ist. Als Nachweis dient die so genannte Bescheinigung A 1. Diese Bescheinigung sollte spätestens am Tag der Anreise vorliegen. Trotz des im Ausland bestehenden Arbeitsverhältnisses müssen der ausländische Arbeitgeber und der Haushalt aber beachten, dass deutsche Mindestarbeitsbedingungen zum Beispiel zu Arbeitszeit, Ruhezeit oder Urlaub einzuhalten sind.

Seit dem 1. August 2010 besteht für de ausländischen Arbeitgeber ferner die Pflicht, den in Deutschland festgelegten Mindestlohn zu zahlen. Dieser liegt bei 8,50 Euro pro Stunde bei Einsatz in den alten bzw. 7,50 Euro bei Einsatz in den neuen Bundesländern wenn er überwiegend Pflegeleistungen anbietet. Werden überwiegend Reinigungstätigkeiten angeboten liegt der Mindestlohn bei 8,55 Euro in den alten und 7,00 Euro in den neuen Bundesländern. Übrigens wird auch der deutsche Haushalt dafür verantwortlich gemacht, dass der ausländischen Arbeitnehmerin von ihrem Arbeitgeber der Mindestlohn gezahlt wird.

Es ist davon auszugehen, dass diese Variante weiterhin eine Rolle spielen wird, weil der Privathaushalt hier nicht die Aufgaben und Pflichten eines Arbeitgebers übernehmen muss.
Selbstständige Pflegekräfte aus Osteuropa

Vorsicht ist geboten, wenn selbstständig tätige Pflegekräfte aus Osteuropa beauftragt werden. Hier liegt in der Regel eine Scheinselbstständigkeit vor, die mit empfindlichen Bußgeldern – auch für den Auftraggeber – geahndet wird. Indizien für eine Scheinselbständigkeit sind beispielsweise, wenn es nur einen Auftraggeber gibt und die Pflege- und Betreuungskraft mit im Haushalt wohnt. Überprüft wird die Scheinselbständigkeit vom Zoll – Finanzkontrolle Schwarzarbeit. Dort wird unter anderem Anzeigen von Nachbarn oder konkurrierenden Anbietern nachgegangen.
Vermittlungsdienste

In Zeitungsanzeigen und im Internet bieten deutsche Agenturen die kostenpflichtige Vermittlung osteuropäischer Haushalts-, Pflege- und Betreuungskräfte an. Nach einer Ermittlung des Hilfebedarfs stellen sie den Kontakt zum ausländischen Dienstleister her, machen Personalvorschläge und helfen bei der Abwicklung mit dem ausländischen Dienstleister. Wer diese Vermittler in Anspruch nimmt, sollte genau nachfragen, was für Personen vermittelt werden. Üblich ist seit Jahren die Vermittlung von osteuropäischen Dienstleistern, die ihre Arbeitskräfte entsenden. Einige vermitteln aber auch die so genannten Selbständigen (siehe oben). Zu vermuten ist außerdem, dass mit dem Wegfall der Notwendigkeit einer Arbeitserlaubnis zukünftig auch Interessierte für eine Anstellung im deutschen Haushalt vermittelt werden. Die Qualität dieser Vermittlungsdienste hat die Stiftung Warentest in ihrem Test-Heft von Mai 2009 unter die Lupe genommen.
Kosten

Bei dem direkt im Haushalt angestellten Personal kann der Haushalt grundsätzlich den Lohn mit der Hilfskraft frei vereinbaren. Zwar gibt es in Deutschland einen Mindestlohn für Pflegekräfte von 8,50 Euro (alte Bundesländer) bzw. 7,50 Euro (alte Bundesländer). Dieser gilt aber nicht für eine Beschäftigung im Privathaushalt. Zu beachten ist dennoch, dass ein Lohn nicht so niedrig sein darf, dass er sittenwidrig wäre. Als sittenwidrig stuft das Bundesarbeitsgericht Löhne ein, die über ein Drittel niedriger sind als der branchenübliche Lohn. Man dürfte daher gut daran tun, auch ohne die entsprechende Verpflichtung den Mindestlohn zu zahlen. Nach einer unverbindlichen Erhebung (Peter Rehder, Konfliktfeld Pflege) liegt der Durchschnittslohn für Pflegehelfer ohne Berufserfahrung bei etwa 1.753 Euro (Stand 2011). Sittenwidrig wäre dann ein Gehalt, das einen Betrag von 1.166,55 Euro monatlich unterschreitet.

Einer von der Arbeitsagentur vermittelten Haushaltshilfe ist der im jeweiligen Bundesland zwischen dem deutschen Hausfrauen-Bund und der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten vereinbarte Tariflohn zu zahlen. Dieser liegt zwischen 1.351 Euro (Schleswig-Holstein) und 1.499,00 Euro (Berlin und Brandenburg). Erfahrene Kräfte aus Osteuropa mit guten Deutschkenntnissen kennen „ihren Preis“ und sind selten bereit für weniger als dieses Geld zu arbeiten. Zusätzlich zum Lohn fallen für den Arbeitgeber die Beiträge zur Sozialversicherung und Berufsgenossenschaft an, ggf. auch Kosten für freie Wohnung und Mahlzeiten (und daraus erwachsene Zuschläge als geldwerter Vorteil für die Sozialversicherungsabgaben) Insgesamt sollten Arbeitgeber mit einer monatlichen Belastung von etwa1.700 bis 1.800 Euro rechnen.

Ausländische Firmen verlangen – gestaffelt nach Umfang des Hilfebedarfs und nach Sprachkompetenz des Personals – ihre Preise. Die Spannbreite ist mit Kosten zwischen circa 1.400 und 2.500 Euro relativ groß. Hinzu kommen Reisekosten, Unterkunft und Verpflegung. Wurde eine Vermittlungsagentur eingeschaltet, fallen weitere Gebühren an, die leicht bis zu 1.000 Euro pro Jahr betragen können. Manche Vermittlungsagenturen berechnen keine extra Kosten für die deutschen Kunden. Dafür sind deren Kosten dann in dem – meist höheren – Betrag für den ausländischen Dienstleister enthalten. Außerdem fallen in der Regel Kosten an, um der Arbeitskraft Kontakt zu ihrem Heimatland zu ermöglichen, etwa Telefonate ins Heimatland, Internetzugang und Satelliten-TV.
Leistungen der Pflegeversicherung

Liegt mindestens Pflegestufe I vor und werden Leistungen bei der Grundpflege und hauswirtschaftlichen Versorgung durch einen von der Pflegekasse zugelassenen Pflegedienst erbracht, haben Pflegebedürftige Anspruch auf entsprechende Sach- oder Kombinationsleistungen. Für Pflege und Betreuung durch Dienstleister oder Personen, die keine Zulassung der Pflegekasse haben, kann nur das Pflegegeld genutzt werden
Steuervorteile

Seit Anfang 2009 können Ausgaben für legale Haushalts- und Pflegehilfen die Steuerschuld mindern. Um bis zu 4.000 Euro jährlich, maximal aber 20 Prozent der Kosten, vermindert sich die Steuerlast. Da lohnt für viele die Entscheidung für das legale Angebot.

Alle Bedingungen und Voraussetzungen einer legalen Beschäftigung finden Sie auch in einer tabellarischen Übersicht (9 Seiten) zum kostenlosen Download.

(Quelle: http://www.vzth.de/UNIQ131601930509084/link569031A.html)

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