Bund fordert Riesterzulagen in Millionenhöhe zurück

Böses Erwachen für Riester-Sparer

Wegen versäumter Meldungen fordert der Staat Zulagen zurück

Unter Riester-Sparern herrscht Unruhe. Nach Medienberichten fordern derzeit offenbar die zuständigen Behörden in großer Zahl Zulagen aus Riester-Verträgen zurück. Die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen überprüft systematisch, ob den Riestersparern die staatlichen Zulagen tatsächlich zustehen. In den Fällen, wo diese unberechtigt gewährt worden sind, holt sich der Staat das Geld zurück.
Achtung
Riester-Sparer erhalten keine gesonderte Mitteilung von der Zulagenstelle, dass Zulagen zurückgefordert wurden, sie müssen vielmehr selber in ihren Unterlagen danach suchen. Nur in der vom Anbieter einmal jährlich übersandten Bescheinigung über den aktuellen Stand könnte ein Vermerk darüber zu finden sein!
Wann kann der Staat zurückfordern?

Eine Rückforderung ist aus verschiedenen Gründen denkbar:

– Der Sparer kündigt den Vertrag und lässt sich das Geld auszahlen.
– Der Sparer ist überhaupt nicht förderberechtigt.
– Während der Vertragslaufzeit treten Veränderungen in den persönlichen Verhältnissen des Sparers ein.

Im ersten Fall handelt es sich um eine förderschädliche Verwendung. Daher verlangt der Staat die Zulage zu Recht zurück.

Im zweiten Fall liegen der Zulagenstelle Informationen vor, wonach der Sparer keinen Anspruch auf Zulagen hat. Sofern diese Informationen richtig sind, ist die Rückforderung natürlich rechtens, wobei die Frage offenbleibt, warum dann jemals Zulagen überwiesen wurden. Da die Riester-Rente vor allem wegen der staatlichen Förderung verkauft worden ist, ist zu prüfen, ob Falschberatung nachgewiesen werden kann. Dabei spielt es eine Rolle, wie der Vertrag zustande gekommen ist: Hat der Sparer selbst bei Vertragsschluss falsche Angaben gemacht, oder hat der Berater die Förderberechtigung nicht geprüft? Möglicherweise kann der Sparer hier – abhängig vom Einzelfall – Ersatzansprüche gegen den Berater stellen.

Im dritten Fall ist der Sparer verpflichtet, aus eigener Initiative sämtliche wichtigen Änderungen seiner persönlichen Verhältnisse rechtzeitig zu melden. Dazu zählen beispielsweise die Geburt eines Kindes oder ein Umzug. Durch die Geburt eines Kindes beispielsweise wird eine Mutter ohne Einkommen, die vorher noch mittelbar über ihren förderfähigen Ehemann förderberechtigt war, selbst unmittelbar förderfähig und muss dann Eigenbeiträge entrichten, um die Zulagen zu erhalten. Hat sie dies versäumt, dann hat sie auch keinen Anspruch auf Zulage erworben. Die Rückforderung ist dann rechtens, möglicherweise kann aber auch hier der Vermittler in Anspruch genommen werden, zumal die Abschlussprovision sich auf die gesamte Vertragslaufzeit bezieht und darüber hinaus sogar noch Bestandsfolgeprovisionen an den Vermittler fließen. Dies begründet unseres Erachtens entsprechende Beratungs- und Betreuungspflichten.
Was können Sparer tun?

Von der Rückforderung betroffene Sparer sollten prüfen, ob dem Versicherungs- oder Bankmitarbeiter die Veränderungen bekannt waren. Berater könnten unter Umständen verpflichtet sein, den Sparer auf die vertraglichen Konsequenzen hinzuweisen. Ob Ersatzforderungen bestehen, hängt vom Einzelfall ab.

Die Verbraucherzentrale empfiehlt allen Sparern, ihren Vertrag jährlich auf bestimmte Änderungen zu überprüfen und bei Bedarf anzupassen. Bei Fragen kann sich der Sparer an seinen Anbieter, an die Zentrale Zulagenstelle für Altersvermögen oder an das Bundesfinanzministerium wenden.

Insbesondere sollten folgende Punkte regelmäßig überprüft werden:

– Sind Sie förderberechtigt, zum Beispiel als abhängig Beschäftigter oder als Arbeitslosengeldempfänger?

– Verlieren Sie die Förderberechtigung, zum Beispiel weil Sie sich selbstständig machen?

– Können Sie über ihren Ehepartner riestern, auch wenn sie selbst nicht förderberechtigt sind?

– Zahlen Sie den Mindesteigenbeitrag, um die volle Förderung zu erhalten (vier Prozent des sozialversicherungspflichtigen Vorjahresbruttos abzüglich der Zulagen, maximal 2.100 Euro, mindestens 60 Euro, jeweils pro Jahr)?

– Sind Kinder geboren worden?

– Fällt Kindergeld weg?

– Sind Sie umgezogen? Ändert sich dadurch die für das Kindergeld zuständige Familienkasse?

Was fordert die Verbraucherzentrale?

Die Verbraucherzentrale fordert den Gesetzgeber dazu auf, eine rückwirkende gesetzliche „Heilungsmöglichkeit“ für die Fälle zu schaffen, bei denen der Staat die Riester-Zulage aufgrund nicht gemeldeter Veränderungen der persönlichen Verhältnisse zurückfordert. Die Komplexität der Förderung kann nicht zu Lasten der Verbraucher gehen. Ferner ist es unzumutbar, dass Verbraucher die Anbieter jährlich über bestimmte Änderungen ihrer Lebensumstände zu informieren haben.

Das aktuelle Problem der Rückforderung von Zulagen reiht sich ein in eine ganze Reihe von Problemen, die Verbraucher in den vergangenen Jahren mit der Riester-Rente hatten. Hier sind die wichtigsten im Überblick:

– Verkauf vorbei am Bedarf der Verbraucher: verkauft werden die provisionsträchtigsten Produkte, nicht die passenden und günstigen.

– Ausufernde Kostenbelastung: die Kosten überschreiten in vielen Fällen die Zulagen.

– Stornokosten der Anbieter behindern den Vertragswechsel und den Wettbewerb

– Anrechnung der Riester-Rente auf die Grundsicherung: Riester lohnt sich für Geringverdiener nicht in jedem Fall.

– Kostenfalle Lebenserwartung: bis zu 30 Prozent des Kapitals werden bei Riester Sparplänen zur Finanzierung einer Rente ab dem 85. Lebensjahr verwendet. Die Sterblichkeitsgewinne streichen zu großen Teilen die Versicherer ein.

– Und jetzt: die Komplexität der Förderung überfordert Verbraucher, Berater und sogar die Zulagenstelle.

Der Gesetzgeber hat die mit der Privatisierung der Altersvorsorge verbundenen Probleme nicht ausreichend bedacht. Zur Lösung der Probleme bedarf es einer grundlegenden Reform der Altersvorsorge. Diese muss sich ausschließlich am Bedarf der Verbraucher ausrichten.

(Quelle: http://www.verbraucherzentrale-bremen.de/themen/geld/altersvorsorge/bund-fordert-riesterzulagen.html)

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