Hilfsmittel – was die Kassen zahlen

Das Gesetz zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung hat im Bereich der Hilfsmittel Auswirkungen auf die Versorgung und Kostenübernahme durch die gesetzlichen Krankenkassen.

Die folgenden Informationen geben einen Überblick über die für Verbraucherinnen und Verbraucher in der Praxis wichtigen Vorgaben.

Was sind Hilfsmittel?

Zu den Hilfsmitteln gehören Hörhilfen, Körperersatzstücke (etwa Beinprothesen) und andere Gegenstände, die im Einzelfall für Patientinnen und Patienten erforderlich sind, um

den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern,
einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder
eine Behinderung auszugleichen.

Das Spektrum der Hilfsmittel ist allerdings sehr groß.

Grundsätzlich gilt: Hilfsmittel sind nur bewegliche Gegenstände. Das bedeutet, dass weder Dienstleistungen noch behindertengerechte Umbauten von Immobilien, etwa der Einbau eines Treppenlifts, dazugehören.

Ausgeschlossen aus dem Leistungskatalog der Kassen sind grundsätzlich allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens (z. B. antiallergene Bettwäsche) und Mittel, für die keine Leistungspflicht der Krankenkasse besteht. Das sind in der Regel Hilfsmittel, die lediglich einen geringen oder umstrittenen therapeutischen Nutzen besitzen (z. B. Wärmflaschen) oder bei denen der Abgabepreis gering ist (z. B. Alkoholtupfer zur Desinfizierung der Haut vor einer Insulinspritze).

Tipp: Bei Gegenständen, die jeder Mensch im täglichen Leben braucht und die gleichzeitig dem Ausgleich einer Behinderung oder der Sicherung der Behandlung dienen – wie zum Beispiel orthopädische Schuhe – wird häufig ein Eigenanteil angerechnet, der nicht von der Krankenkasse übernommen wird. Der Eigenanteil orientiert sich an den Kosten, die Versicherte für einen Gebrauchsgegenstand ohne therapeutischen Nutzen (z. B. Schuhe) aufwenden müssen.

Wichtig: Der Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln umfasst auch die notwendige Änderung, Instandsetzung und Ersatzbeschaffung von Hilfsmitteln sowie die Ausbildung in ihrem Gebrauch. Bei lebenswichtigen medizinischen Geräten (z. B. elektronischen Infusionspumpen), kann ein Anspruch auf technische Kontrolle und Wartung bestehen, um die notwendige Sicherheit der Geräte und damit den Schutz der Versicherten zu gewährleisten.

Im Einzelfall besteht daher ein Recht auf:

individuelle Anpassung
mehrfache Ausstattung aus hygienischen Gründen (z. B. bei Kompressionsstrumpfhosen)
Lieferung von Zubehör
Übernahme der Betriebskosten (z. B. Stromkosten und Haftpflichtversicherung für Elektro- oder Straßenrollstühle

Abgrenzung Hilfsmittel – Pflegehilfsmittel
Hilfsmittel, deren Kosten die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen, sichern den Erfolg einer Krankenbehandlung, dienen dem Ausgleich einer Behinderung oder sollen den Eintritt von Pflegebedürftigkeit vermeiden. Pflegehilfsmittel werden über die Pflegeversicherung erstattet und sollen im Gegensatz zu den hier dargestellten Mitteln die Pflege erleichtern, Beschwerden lindern oder eine selbstständigere Lebensführung ermöglichen. Pflegehilfsmittel werden nur dann bezahlt, wenn erhebliche Pflegebedürftigkeit besteht und eine Leistungspflicht der Krankenkasse nicht vorliegt.
Was ist bei der Beantragung zu beachten?

Um ein Hilfsmittel auf Kosten der Krankenkassen zu erhalten, benötigen Patientinnen und Patienten zunächst eine ärztliche Verordnung, aus der die medizinische Notwendigkeit hervorgeht. In der Regel erhalten Patientinnen und Patienten die benötigten Hilfsmittel dann in Orthopädie- und Sanitätshäusern oder auch in einer Apotheke. Alle Leistungserbringer müssen jedoch eine Zulassung besitzen, die sie als versorgungsberechtigt auszeichnet.

Die Spitzenverbände der Krankenkassen haben einen Hilfsmittelkatalog erstellt, der ständig aktualisiert wird. Die Kosten dieser Hilfsmittel werden in der Regel von den Krankenkassen übernommen. Weitere Informationen und die komplette Liste können Sie hier abrufen.

Sollte das benötigte Hilfsmittel nicht in dem Verzeichnis aufgeführt sein, nimmt die Krankenkasse in jedem Einzelfall eine Qualitäts- und Wirtschaftlichkeitsprüfung vor. Aus diesem Grund sollten dem Antrag alle Informationen zum Hilfsmittel, die Patientinnen und Patienten in der Regel vom Hersteller erhalten, beigefügt werden.

Tipp: Die Krankenkassen können jedoch auch direkt Verträge mit bestimmten, besonders günstigen Hilfsmittelanbietern abschließen. Dies bedeutet aus Sicht der Patientinnen und Patienten, dass sie für bestimmte Hilfsmittel nur noch das Sanitätshaus oder den Anbieter wählen können, mit dem die Kasse einen Vertrag geschlossen hat. Es ist daher immer ratsam, sich vor Anschaffung eines Hilfsmittels darüber zu informieren, über welchen Weg Sie das benötigte Hilfsmittel beziehen können.
Welche Kosten übernimmt die Krankenkasse?

Die Krankenkassen übernehmen die mit den Leistungserbringern vereinbarten Preise. Für einen Teil der Hilfsmittel gelten jedoch so genannte Festbeträge. Festbeträge sind von den Krankenkassen für bestimmte Hilfsmittel festgelegte Höchstpreise, bis zu denen die Kosten übernommen werden. Sie umfassen die Kosten des Produkts und die dazu gehörenden Dienstleistungen.

Festbeträge gibt es zurzeit bei folgenden Hilfsmitteln: Einlagen, Hörhilfen, Hilfsmittel zur Kompressionstherapie, Sehhilfen, aufsaugende und ableitende Inkontinenzhilfen, sowie Stoma-Artikel. Die aktuell gültigen Festbeträge finden Sie hier.

Wichtig: Die Hilfsmittelanbieter sind nicht verpflichtet, die Hilfsmittel zum Festbetrag anzubieten. Sie erheben häufig eine so genannte „wirtschaftliche Aufzahlung“, durch diesen Aufschlag können die Hilfsmittelpreise zum Teil erheblich über dem Festbetragspreis liegen. Diese Mehrkosten müssen von den Versicherten zuzüglich der gesetzlichen Zuzahlung übernommen werden. Sie fallen auch an, wenn die Belastungsgrenze für Zuzahlungen bereits erreicht ist und eine Befreiung von weiteren Zuzahlungen durch die Kasse vorliegt.

Tipp: Patientinnen und Patienten sollten ihren Hilfsmittelanbieter daher gezielt nach Produkten fragen, die er zum Festbetragspreis abgibt. Die eigene Krankenkasse kann zudem in der Regel Anbieter nennen, die Hilfsmittel zum Festbetrag anbieten. Außerdem geben die Kassen Übersichten von Hilfsmittelanbietern heraus oder stellen diese ins Internet, in denen eine Auflistung nach Postleitzahlen erfolgt.
Wichtig: Erfolgt die Hilfsmittelversorgung durch einen Leistungserbringer, der nicht Vertragspartner der Krankenkasse ist, übernimmt die Krankenkasse nur Kosten in Höhe des durchschnittlichen Preises des Hilfsmittels. Dazu vergleicht die Krankenkasse die Leistungen und Preise, die sie mit anderen Leistungserbringern vereinbart hat.

Sonderfall: Ausschreibung durch Krankenkasse
Die öffentliche Ausschreibung ist ein wirtschaftliches Wettbewerbverfahren, bei dem nur derjenige Leistungserbringer (z. B. ein Sanitätshaus) Vertragspartner der Krankenkasse wird, der ein bestimmtes Hilfsmittel bei Einhaltung eines gesetzlich festgelegten Qualitätsstandards, zum günstigsten Preis anbieten kann.

Im Fall einer erfolgten Ausschreibung nennt die Krankenkasse den Patientinnen und Patienten einen oder mehrere Leistungserbringer – zum Beispiel ein Sanitätshaus, das Vertragspartner geworden ist. Das Hilfsmittel kann dann nur über dieses bezogen werden.

Wichtig: Im Ausnahmefall besteht ein Recht, einen anderen Leistungserbringer zu wählen. Dazu muss ein berechtigtes Interesse nachgewiesen werden. Dieses ist zum Beispiel dann der Fall, wenn der von der Krankenkasse genannte Leistungserbringer das Hilfsmittel nicht zur Verfügung stellen kann oder von den Patientinnen/dem Patienten aus nachvollziehbaren Gründen eine aufwändigere Versorgung gewählt wird und die Bereitschaft besteht, die anfallenden Mehrkosten selbst zu übernehmen. Patientinnen und Patienten sollten dieses Vorgehen unbedingt im Vorfeld mit ihrer Krankenkasse abklären, damit die Kostenübernahme sichergestellt ist. Ansonsten kann es passieren, dass alle anfallenden Kosten vollständig von den Patientinnen und Patienten getragen werden müssen.

Wichtig: Die Krankenkasse übernimmt in jedem Fall nur die Kosten des Hilfsmittels im Bereich der normalen Standardausstattung. Kosten, die über dieses Maß hinausgehen, etwa für eine bessere Ausstattung oder zusätzlichen Leistungen, müssen die Patientinnen und Patienten selbst übernehmen. Das gilt ebenfalls für eventuelle Folgekosten.

Tipp: Krankenkassen überlassen ihren Versicherten bestimmte Hilfsmittel auch leihweise.

Welche Zuzahlungen sind zu leisten?

Die gesetzliche Zuzahlung zum Hilfsmittel beträgt bei volljährigen Versicherten zehn Prozent des Abgabepreises, mindestens jedoch fünf Euro und höchstens zehn Euro – aber keinesfalls mehr als die tatsächlich anfallenden Kosten. Dieser Betrag ist an den Hilfsmittelanbieter zu entrichten. Versicherte, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, sind von der Zuzahlung befreit.

Wichtig: Bei Hilfsmitteln, die zum Verbrauch bestimmt sind (z. B. Inkontinenzwindeln), beträgt die Zuzahlung zehn Prozent des insgesamt von der Krankenkasse zu übernehmenden Betrages. Dabei ist die Höhe der Zuzahlung auf 10 Euro für den gesamten Monatsbedarf begrenzt.

Tipp: Zuzahlungsbefreiung: Für Patientinnen und Patienten, die über ein geringes Einkommen verfügen oder sehr hohe Ausgaben haben, gibt es die Möglichkeit sich von der Zuzahlung befreien zu lassen. Übersteigen die Ausgaben zwei Prozent des Jahresbruttoeinkommens ist eine Befreiung von der Zuzahlung auf Antrag durch die Kasse möglich – bei chronisch Kranken ist dieser Betrag auf ein Prozent des Jahresbruttoeinkommens begrenzt.
Was tun, wenn der Antrag abgelehnt wird?

Wird Ihr Antrag abgelehnt, können Sie als Mitglied der gesetzlichen Kassen grundsätzlich innerhalb eines Monats gegen diese Entscheidung beim zuständigen Leistungsträger Widerspruch einlegen. Den Widerspruch müssen Sie nicht begründen, jedoch ist dringend zu empfehlen, die Notwendigkeit des Hilfsmittels anhand der persönlichen Situation darzustellen und sich von einem Arzt bescheinigen zu lassen.

Wenn der Widerspruch abgelehnt werden sollte, können Sie innerhalb einer Monatsfrist Klage vor dem Sozialgericht einreichen. Dabei empfiehlt es sich oftmals, einen Fachanwalt für Sozialrecht einzubeziehen. Wenn über Ihren Widerspruch nicht innerhalb von drei Monaten entschieden und kein Widerspruchsbescheid erlassen wird, können Sie ebenfalls Klage einreichen (so genannte Untätigkeitsklage).

Privatpatienten müssen kein förmliches Widerspruchsverfahren durchlaufen, sondern können innerhalb von drei Jahren nach der ablehnenden Entscheidung Klage vor den Zivilgerichten erheben. Es ist häufig jedoch sinnvoll, der privaten Pflegeversicherung ähnlich wie bei einem Widerspruch nochmals seinen Standpunkt zu erläutern und durch ärztliche Bescheinigungen usw. zu begründen.

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