Qual der Wahl beim Abrechnungsverfahren

Kostenerstattung oder Sachleistung?

Wer gesetzlich versichert ist und sich behandeln lässt, gibt normalerweise beim Arzt die Chipkarte seiner Krankenkasse ab und muss – mit Ausnahme der Praxisgebühr – nichts für die Behandlung zahlen. Versicherte erhalten von ihrer Krankenkasse also kein Geld, sondern direkt alle notwendigen Leistungen wie zum Beispiel die ärztliche Behandlung, ein Medikament oder ein Hilfsmittel – man spricht vom so genannten „Sachleistungsprinzip“.

Es bestehen allerdings auch andere Möglichkeiten, die sich am Prinzip der privaten Krankenversicherung orientieren und die Kostenerstattung als Abrechnungsalternative bieten.
Kostenerstattung

Bei dem so genannten Kostenerstattungsverfahren stellen Ärzte oder andere Leistungserbringer eine Rechnung aus, für die Patienten zunächst in Vorkasse treten müssen. Erst danach können sie die Rechnung bei ihrer Krankenkasse einreichen, um die Kosten erstattet zu bekommen. Gesetzlich Versicherte können hierbei wählen, ob sie für alle Leistungen so abrechnen wollen oder ob dieses Verfahren auf bestimmte Bereiche beschränkt sein soll.

Gesetzlich Versicherte können die Kostenerstattung
als Abrechungsalternative zum Sachleistungsprinzip für einen, mehrere oder alle der folgenden Bereiche wählen:

ambulante ärztliche Behandlung
zahnärztliche Behandlung
stationäre Krankenhausversorgung
veranlasste Leistungen – ärztlich verordnete Arznei-, Heil- oder Hilfsmittel.

Inwieweit das Modell der Kostenerstattung in der Praxis eine sinnvolle Alternative zum Sachleistungsverfahren ist, zeigen wir nachfolgend auf.

Hinweispflichten
In der Regel weisen die Ärzte die Patienten auf die Möglichkeit der Kostenerstattung hin. Sie sind verpflichtet, über die mit der Wahl der Kostenerstattung verbundenen Konsequenzen zu informieren. Insbesondere müssen sie darüber aufklären, dass Patienten nicht von der Krankenkasse übernommene Kosten selbst tragen müssen.

Tipp: Die Krankenkassen geben in der Regel Auskünfte zum Verfahren sowie den verschiedenen Möglichkeiten und Risiken der Kostenerstattung.

Mitteilungs- und Bindungspflicht
Wer sich entschieden hat, zum Kostenerstattungsverfahren zu wechseln, muss dies zunächst der eigenen Krankenkasse mitteilen. Ab diesem Zeitpunkt sind Versicherte für mindestens ein Vierteljahr (drei Monate) an ihre Entscheidung gebunden!

Tipp: Vor einer endgültigen Entscheidung ist ein Blick in die Satzung der Krankenkasse ratsam, da hier die genauen Bestimmungen zum Verfahren der jeweiligen Kasse aufgeführt sind. Die jeweilige Satzung finden Sie im Internet. Sie können sie auch schriftlich bei Ihrer Kasse anfordern.

Konsequenzen der Entscheidung
Ärzte können beim Modell der Kostenerstattung nach der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) bzw. der Zahnärzte (GOZ) und damit zu höheren Gebühren abrechnen als beim Sachleistungsprinzip. Folglich werben viele für die Kostenerstattung mit dem Argument, es stelle gesetzlich Krankenversicherte mit Privatpatienten nahezu auf eine Stufe. Diese Aussage trifft jedoch so nicht zu. Für zusätzliche Leistungen, die nicht im Leistungskatalog der Krankenkassen enthalten sind, erstatten die Kassen die Kosten nicht. Patientinnen und Patienten haben zudem auch im Rahmen der Kostenerstattung keine direkte Möglichkeit, einen Privatarzt aufzusuchen oder eine Behandlung in einer Privatklinik durchführen zu lassen. Ausnahmen sind auch in diesem Fall lediglich in Einzelfällen möglich – und dann nur nach vorheriger Genehmigung durch die Kasse oder aber in einem Notfall.

Dennoch erhoffen sich Patientinnen und Patienten durch die Wahl der Kostenerstattung vielfach Vorteile, wie etwa eine bevorzugte Behandlung bei der Terminvergabe in Arztpraxen. Dies muss aber nicht zwangsläufig der Fall sein. Ein Recht auf eine bevorzugte Terminvergabe besteht nicht.

Die Entscheidung für die Kostenerstattung sollten Sie wegen der möglicherweise höheren Behandlungskosten gut überlegen. Die Krankenkassen zahlen im Rahmen der Kostenerstattung immer nur den Betrag, den sie auch für die Behandlung anderer Mitglieder bei einer Abrechnung über die Chipkarte geleistet hätten. Den fehlenden Differenzbetrag müssen Patientinnen und Patienten immer selbst übernehmen! Da insbesondere beim Eintritt einer schweren oder langwierigen Erkrankung hohe privat zu tragenden Kosten entstehen können, können wir die Wahl der Kostenerstattung unter den derzeitigen Rahmenbedingungen nicht empfehlen.

Art der Abrechnung
Der Patient erhält nach einer Behandlung eine Rechnung über die erbrachten Leistungen. Diese muss der Versicherte zunächst selbst bezahlen. Erst danach kann er sie bei der Krankenkasse einreichen. Diese erstattet den für die Behandlung im Rahmen des Sachleistungsprinzips üblichen Gebührensatz.

Wichtig: Kassen behalten zudem noch bis zu fünf Prozent vom Erstattungsbetrag ein, da sie bei dieser Abrechnungsform die Wirtschaftlichkeit der Behandlung nicht überprüfen können und einen erhöhten Verwaltungsaufwand haben. Außerdem ziehen sie die Praxisgebühr ab, da diese im Fall der Kostenerstattung nicht direkt in der Arztpraxis zu entrichten ist.

Mehraufwand
Neben möglichen Mehrkosten entsteht den Patienten ein zusätzlicher Aufwand, weil sie für die Begleichung der Rechnung und die Beantragung der Erstattung von Behandlungskosten durch die Kasse selbst verantwortlich sind. Auf alle Fälle müssen sie bei den Kosten in Vorleistung treten und deshalb über ausreichende finanzielle Mittel verfügen, um die Rechnung des Leistungserbringers bezahlen zu können. Sonst droht ein Mahnverfahren, das wiederum mit zusätzlichen Kosten verbunden ist.

Ausnahme: Auslandsbehandlung
Notwendige Behandlungen im Ausland stellen die einzigen Ausnahmen dar, die in der Regel nach dem Prinzip der Kostenerstattung abgewickelt werden. Innerhalb der Europäischen Union und in Ländern, mit denen ein Sozialversicherungsabkommen besteht, können Versicherte notwendige medizinische Leistungen in Anspruch nehmen, für die anschließend die Krankenkassen aufkommen. In bestimmten grenznahen Modellregionen kann hierbei direkt mit Hilfe der europäischen Krankenversicherungskarte abgerechnet werden. In den meisten Fällen ist jedoch trotz Vorlage der europäischen Krankenversicherungskarte oder des Versicherungsscheins fürs Ausland nur eine Abrechnung über das Kostenerstattungsverfahren möglich. In diesen Fällen müssen Versicherte zunächst für alle Kosten der Auslandsbehandlung in Vorleistung treten. Nach Abschluss der Behandlung können sie unter Vorlage der Rechnung bei ihrer Krankenkasse eine Erstattung der erbrachten Leistungen beantragen.

Tipp: Im Rahmen eines Auslandsaufenthaltes – etwa einer Urlaubsreise – kann eine Behandlung über die Kostenerstattung erfolgen, da in der Regel keine Alternativen vorhanden sind. Auch in diesem Fall besteht aber die Gefahr, dass Patienten einen Teil der Kosten selbst tragen müssen. Deshalb ist eine Auslandsreisekrankenversicherung in jedem Fall zu empfehlen.

Die Regeln für die Abrechnung von Auslandsbehandlungen gelten unabhängig davon, ob Sie das Prinzip der Kostenerstattung gewählt haben oder nicht. Diese haben keine Auswirkungen auf die Versorgung nach der Rückkehr nach Deutschland.

Weitere Informationen zu Behandlungen im Ausland finden Sie hier.

Wahltarif Kostenerstattung

Gesetzliche Krankenkassen haben die Möglichkeit, spezielle Wahltarife anbieten – unter anderem auch zur Kostenerstattung. Bei diesen gesonderten Tarifangeboten können Versicherte gegen einen zusätzlichen Beitrag höhere Behandlungskosten von ihrer Krankenkasse erstattet bekommen. Anfallende Kosten, die über den regulären Satz der Kassen hinausgehen und die Versicherte im Rahmen der Kostenerstattung sonst privat zahlen müssten, können dadurch geringer ausfallen.

Tipp: Die Krankenkassen können innerhalb jedes Tarifs frei festlegen, welche Kosten der Privatrechnung sie übernehmen. Sie sollten deshalb aufs Genaueste prüfen, welche Kosten im Rahmen des Wahltarifs übernommen werden und diese dem zusätzlich zu leistenden Beitrag gegenüberstellen. Zum Teil führen derartige Wahltarife aber auch nur zu einem Wechsel in das Abrechnungsprinzip der Kostenerstattung, ohne höhere Leistungen zu erhalten!

Wichtig: Durch die Entscheidung für den Wahltarif sind Versicherte für ein Jahr an ihre Kasse gebunden: Sie können allerdings ein Sonderkündigungsrecht bei einer Beitragserhöhung in Anspruch nehmen, sobald die Kassen einen Zusatzbeitrag erhebt.

Private Zusatzversicherung

Einen Teil der Mehrkosten für die private Abrechnung im Rahmen der Kostenerstattung können Sie durch eine private Zusatzversicherung auffangen. Diese werden zum Teil auch von den gesetzlichen Krankenkassen vermittelt. Private Versicherungsunternehmen führen vor Abschluss einer solchen Zusatzversicherung eine Gesundheitsprüfung durch. Deren Ergebnisse sind ausschlaggebend dafür, ob und zu welchen Konditionen ein Antragsteller aufgenommen wird. Bei vorhandenen Vorerkrankungen kann es zudem vorkommen, dass die Beiträge höher ausfallen oder auch bestimmte Leistungen ausgeschlossen werden. Auch das Alter des Antragstellers bzw. der Antragstellerin hat Einfluss auf die Höhe der Beiträge.

Tipp: Holen Sie verschiedene Angebote ein und vergleichen Sie sie insbesondere hinsichtlich der anfallenden Kosten und abgesicherten Leistungen genau miteinander.

Checkliste

Gesetzlich Versicherte, die trotz der aufgezeigten Nachteile die Kostenerstattung als Alternative in Erwägung ziehen, sollten vor ihrer Wahl folgende Punkte beachten:

Um das Kostenrisiko zu verringern kann es sinnvoll sein, sich nur in einzelnen Segmenten für das Verfahren der Kostenerstattung entscheiden – zum Beispiel bei der zahnärztlichen Behandlung.
Es sollten stets mehrere Angebote bzw. Tarife geprüft und miteinander verglichen werden. Dabei ist insbesondere auf das Kleingedruckte zu achten.
Versicherte sollten sich bei ihrer Krankenkasse über die vorhandenen Möglichkeiten informieren und möglichst auch eine unabhängige Beratung – zum Beispiel bei den Verbraucherzentralen – in Anspruch nehmen.

(Quelle: http://www.vz-bawue.de/UNIQ131584720429636/link406341A.html)

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