Wenn Krankenkassen einen Zusatzbeitrag verlangen: Kunden können kündigen

Seit dem 1. Januar 2011 gilt für alle gesetzlichen Krankenkassen der einheitliche Beitragssatz von 15,5 Prozent.

Jede Kasse darf außerdem einen Zusatzbeitrag in unbegrenzter Höhe erheben, wenn sie mit den ihr zu Verfügung stehenden finanziellen Mitteln nicht auskommt. Dieser Beitrag ist allein vom Versicherten unabhängig vom Einkommen zu tragen.

Der Gesetzgeber hat jedoch ein Sozialausgleich für den Fall vorgesehen, dass die Belastung eines Versicherten durch den Zusatzbeitrag zwei Prozent des beitragspflichtigen Einkommens übersteigt. Als Rechengrundlage gilt dabei nicht der tatsächlich von der eigenen Krankenkasse eingezogene Betrag, sondern ein statistischer Wert – der durchschnittliche Zusatzbeitrag – der im Voraus jeweils für das Folgejahr ermittelt wird (im Jahr 2011 beläuft sich dieser Wert auf null). Verlangt eine Kasse mehr als den Durchschnitt, erhalten ihre Versicherten für die Mehrkosten keinen Ausgleich.

Erhebt eine Krankenkasse erstmals einen Zusatzbeitrag oder erhöht diesen, haben alle Mitglieder der Kasse ein Sonderkündigungsrecht und können zu einem günstigeren Konkurrenten wechseln.

Ein Wechsel ist auch möglich, wenn eine bisher gewährte Prämienzahlung an den Versicherten reduziert wird oder ganz wegfällt. Dieses Sonderkündigungsrecht gilt auch dann, wenn Versicherte erst kürzlich Mitglied in einer anderen Kasse geworden sind. Es setzt die übliche achtzehnmonatige Mindestbindung nach Beitritt zu einer Krankenkasse außer Kraft.

Jede Kasse muss ihre Versicherten spätestens einen Monat, bevor sie den Zusatzbeitrag erhebt (Fälligkeitstermin) oder die Prämie reduziert, auf das Sonderkündigungsrecht aufmerksam machen. So ist gesichert, dass bei einer fristgerechten Kündigung durch den Versicherten keine zusätzlichen Belastungen anfallen.

Kommt die Krankenkasse ihrer Hinweispflicht gegenüber einem Mitglied verspätet nach, verschiebt sich für dieses Mitglied die Erhebung des Zusatzbeitrags und die Frist für die Ausübung des Sonderkündigungsrechts um den entsprechenden Zeitraum.

Achtung: Einige Kassen verlangen die Zusatzbeiträge auch rückwirkend, das heißt: am Fälligkeitstermin werden auch Beiträge für vorangegangene Monate eingezogen. Wer sein Kündigungsrecht fristgerecht nutzt, muss jedoch auch in diesen Fällen keinen Zusatzbeitrag zahlen.

Ausnahmen: Das Sonderkündigungsrecht gilt nicht für freiwillige gesetzlich Versicherte, die einen speziellen Wahltarif zur Absicherung ihres Krankengeldes abgeschlossen haben.

Versicherte, die bereits 18 Monate einer Kasse angehören, können mit einer zweimonatigen Kündigungsfrist zum Monatsende auch ohne Berufung auf ihr Recht zur Sonderkündigung die Kasse wechseln. Sonderregelungen gelten für Versicherte, die sich für einen Wahltarif entschieden haben.

Urteil des Sozialgerichts Berlin
Nach Auffassung des Berliner Sozialgerichts (Az.: S 73 KR 15/11 und S 73 KR 2306/10) hat die Deutsche Angestellten Krankenkasse ihre Versicherten über deren Sonderkündigungsrecht nicht ausreichend informiert, bevor sie im Jahr 2010 erstmalig den Zusatzbeitrag erhoben hat. Es gibt jedoch auch mehrere Entscheidungen, die zugunsten von Krankenkassen ausgegangen sind.

Deshalb sollten betroffene Versicherte eine höchstrichterliche Entscheidung abwarten und bis dahin die Zusatzbeiträge weiterhin zahlen. Auch wer bislang noch gar nicht bezahlt hat, kann sich nicht auf das Berliner Urteil berufen. Vielmehr muss er mit Säumniszuschlägen und einer Pfändung rechnen.

Für Versicherte, die sich über das wenig transparente Agieren ihrer Krankenkasse ärgern, schafft ein Wechsel zu einer Kasse ohne Zusatzbeitrag zumindest für die Zukunft Abhilfe. Die noch offenen Beträge sind aber auch dann noch zu begleichen.

Unterschiedliches Leistungsspektrum

In einigen Punkten bieten die gesetzlichen Kassen weiterhin unterschiedliche Leistungen an. Wer in eine andere Kasse wechseln möchte, sollte deshalb nicht nur Kosten und Prämien zum Maßstab machen, sondern unbedingt auch auf das Leistungsspektrum achten. Beispiele wie Kostenübernahmen von Impfungen, Angebote von alternativen Heilmethoden und Unterschiede beim Kundenservice – wie etwa eine Geschäftsstelle vor Ort oder eine gut erreichbare Hotline – können für viele Patienten entscheidende Faktoren sein, die eine Kassenwahl mit bestimmen sollten.

(Quelle: http://www.vz-bawue.de/UNIQ131584720429636/link668041A.html)

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